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Politik: Hamas will nicht auf Gewalt verzichten

Künftiger Regierungschef der Palästinenser lehnt Forderungen von EU und USA ab / Eigene Armee geplant

Gaza/Ramallah - Die bei der Palästinenser-Wahl siegreiche Hamas hat internationale Forderungen nach einer Entwaffnung strikt zurückgewiesen. „Waffen und Widerstand sind Fragen, die mit der israelischen Besatzung verknüpft sind“, sagte der Spitzenkandidat der Hamas, Ismail Hanija, am Samstag. Auch die Drohung der USA, Hilfsgelder zu streichen, werde dies nicht ändern. Der Hamas-Chef Chaled Meschaal sagte in Damaskus, der bewaffnete Arm der Organisation sei bereit zur Verschmelzung mit anderen Gruppen, um eine palästinensische Armee zu bilden. Die Hamas hat sich in ihrer Charta der Zerstörung Israels verschrieben.

US-Präsident George W. Bush hatte angedroht, die dieses Jahr vorgesehenen 234 Millionen Dollar US-Hilfe an die Palästinenser zu streichen. Auch die Europäische Union (EU), die mit 500 Millionen Dollar den größten Hilfsbetrag leistet, verlangt eine Entwaffnung und die Anerkennung des Existenzrechts von Israel. Auch deutsche Politiker forderten vor der am heutigen Sonntag beginnenden Nahost-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von der künftigen palästinensischen Hamas-Regierung einen Gewaltverzicht und eine Anerkennung Israels.

Der designierte Regierungschef Hanija sagte jedoch: „Solange es die Besetzung gibt, hat das palästinensische Volk das Recht, sich zu verteidigen und sich der Besetzung zu widersetzen. Diese Hilfsleistungen können nicht das Schwert über den Köpfen des palästinensischen Volkes sein. Und sie werden kein Mittel zur Erpressung unseres Volks sein. Das lehnen wir ab.“ Die Hamas hatte sich in den ersten Parlamentswahlen seit zehn Jahren gegen die regierende Fatah-Partei von Präsident Mahmud Abbas durchgesetzt. Daraufhin war die komplette Regierung von Ministerpräsident Ahmed Kurei zurückgetreten. Am Samstag forderte der Nachwuchs der Fatah auch den Rücktritt der gesamten Parteiführung einschließlich Abbas. Die Al-Aksa-Brigaden, der militante Flügel der Fatah, erklärten nach der Wahlniederlage ihrer Mutterorganisation ein Ende des Waffenstillstandes mit Israel. „Nach der Wahl ist der Gewaltverzicht nicht bindend“, sagte der Brigaden-Anführer Ala Sanakreh der Nachrichtenagentur Reuters.

Präsident Abbas erinnerte die Hamas-Führung daran, dass die offiziellen Gremien sowohl den Osloer Abkommen mit Israel als auch der „Roadmap“, dem Fahrplan zum Frieden, zugestimmt hätten und die in diesen Verträgen eingegangenen Verpflichtungen für die Palästinenser nach wie vor gültig seien und blieben.

Amos Gilad, Berater im israelischen Verteidigungsministerium, sagte am Samstag, die Regierung werde weiterhin Hamas-Mitgliedern keine Bewegungsfreiheit zwischen Gazastreifen und Westjordanland einräumen. „Israel muss nicht die Passage von jemandem erlauben, der eine Organisation des Mordens und Terrors repräsentiert, die unsere Vernichtung predigt.“ Hamas-Parlamentarier aus dem Gazastreifen können deshalb nicht an den Parlaments- und Regierungssitz in Ramallah gelangen. Während der letzten Intifada half sich der Palästinensische Legislativrat PLC bei vorübergehenden Reiseverboten zwischen den beiden Landesteilen mit Videokonferenzen zwischen Ramallah und Gaza.

Kanzlerin Merkel bricht heute zu einer zweitägigen Reise nach Jerusalem und Ramallah auf. In Jerusalem wird sie unter anderen den amtierenden israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und Präsident Mosche Katzav treffen. Am Montag will Merkel auch mit Palästinenserpräsident Abbas sprechen.

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