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Gentleman Actor. Hanns Zischler steht im Ruf, der höchstwahrscheinlich klügste Schauspieler des Landes zu sein.

© David Heerde/Picture Alliance/Geisler-Fotopress

Hanns Zischler: Eine Stimme auf Wanderschaft

Er ist Forscher und Verlagsgründer, Regisseur und Fotograf, Schriftsteller und Übersetzer – je mehr man über den Berliner Schauspieler Hanns Zischler erfährt, umso rätselhafter wird er. Doch eines ist sicher: Heute wird er 70. Unser Blendle-Tipp.

Den Zahn müssen wir Ihnen aber ziehen, und zwar gleich!, erklärte der Arzt. Und nein, nicht einen, zwei Zähne, sofort! Also sagt Hanns Zischler ab. Wegen höherer dentistischer Gewalt. Und am nächsten Tag kann er auch nicht, da fährt er nach Kiel, um sein neues Buch vorzustellen, „Kafka geht ins Kino“.

Das neue Buch ist in Wahrheit sein altes, aber neu aufgelegt, gründlichst überarbeitet, erweitert, ergänzt, Fehler korrigiert, wie Forscher das machen. Forscher?

Forscher, Essayist, Verlagsgründer, Regisseur, Dramaturg, Fotograf, Übersetzer, der nicht davor zurückschreckte, Derridas „Grammatologie“ ins Deutsche zu übertragen. Seit wann machen Schauspieler so was?

Je mehr man über Hanns Zischler weiß, desto rätselhafter wird er. Das ist nicht bei allen Menschen so. Das große Publikum kennt ihn als professionellen Abgesandten aller nur möglichen Finsternisse, wortkarg, lächelnd noch ohne zu lächeln. „Gentleman Actor“ nannte ihn Jean-Luc Godard; Steven Spielberg sagte nur „Hans“, als sie 2004 den Politthriller „München“ drehten. Als Einziger durfte Zischler seinen Vornamen sogar im Film behalten. Und in den Drehpausen sprachen sie worüber? Über „Kafka geht ins Kino“, Spielberg kannte das Buch, weswegen der Autor nun nach Kiel fährt.

Er hat die Kafka-Forschung blamiert

Aber vorher schreibt der als höchstwahrscheinlich klügster Schauspieler des Landes Geoutete noch eine SMS: Da wäre vielleicht noch etwas Zeit, bevor sein Zug fährt.

Hanns Zischler steht in der Tür seines Charlottenburger Hauses und sieht genauso aus wie im Kino oder bei „Hannos Weintipps“ im Internet. Dieses halbe Lächeln – oder ist es nicht eher ein Achtel-Lächeln? Doch es liegt gar nichts Lauerndes darin, das ist kein mimisch fixierter Hinterhalt, im Gegenteil: Da stehen Höflichkeit und Nachsicht, vor allem Nachsicht.

Und mit Journalisten muss man welche haben, schon mit ihrer naiven Art zu fragen, immer so direkt. Als ob das der vielversprechendste Weg zu einer Auskunft wäre. Der Mann in der Tür hat Steven Spielberg schließlich auch nie gefragt, wie er ausgerechnet auf ihn gekommen ist. Und mag sein, genau deshalb hat Spielberg ihn gewollt. Oder wegen „Kafka geht ins Kino“? Mit diesem Buch hat er die Kafka-Forschung blamiert, denn kein Germanist hatte je den Kinogänger Kafka ernst genommen, vielleicht nicht einmal bemerkt.

„Gehen wir in den Wintergarten!“, schlägt Zischler vor.

Keiner konnte wie er vor laufender Kamera den Wein durch die Zähne nach vorn und wieder zurückgurgeln, das musste er ...

Den vollständigen Text lesen Sie für 45 Cent im Online-Kiosk Blendle.

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