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Hartz IV: „Ich vermisse am meisten die Freiheit“

Wie Hartz-IV-Empfänger über die Runden kommen. Gespräche vor dem Berliner Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg.

Alexander T., 24:

„Ein gesundes Leben kann man als Hartz-IV-Empfänger nicht führen. Einkaufen gehe ich meist bei den Discountern. Ich bin seit drei Jahren arbeitslos, eigentlich bin ich gelernter Fliesenleger. In dieser Zeit habe ich stark abgenommen. Das Geld reicht kaum bis zur Mitte des Monats, meistens ist es schon nach zehn Tagen aufgebraucht. Für Kino oder Partys bleibt da nicht viel, so was mache ich höchstens einmal im Monat. Wege lege ich mit dem Fahrrad zurück, die U-Bahn ist mir zu teuer. Wegen Hartz IV habe ich auch meine Wohnung verloren: Die wurde zwangsgeräumt, und ich hatte nichts mehr, auch keine Waschmaschine. Ich habe dann einen Antrag auf Erstausstattung gestellt, aber das Amt hat mich nicht unterstützt.“

Aslim D., 34:

„Es ist sehr, sehr schwierig, mit dem Geld über die Runden zu kommen: Mein Mann, meine beiden Kinder und ich erhalten monatlich zusammen 1200 Euro Unterstützung. Da können wir uns natürlich nicht alles leisten. Leider auch keine schönen Spielsachen für die Kinder. Da sind wir auf das gebrauchte Spielzeug aus dem Bekanntenkreis angewiesen. Meine Kinder sind elf Monate und vier Jahre alt. Sparen muss ich leider auch am Essen, da kann ich nur billige Discounterware kaufen. Gesundheitlich haben wir zum Glück keine ernsten Probleme. Ich habe früher sehr gut verdient und leider nichts für schlechte Zeiten zurückgelegt.Deshalb müssen mein Mann und ich jetzt wirklich jeden Cent umdrehen.“

Michael F., 32:

„Mit den 347 Euro komme ich meistens bis zum Ende des Monats hin, und ab und zu ist auch mal ein Bier in der Kneipe drin. Allerdings kann ich mir nur sehr billige Lebensmittel leisten. Am meisten vermisse ich momentan die Freiheit. Ich muss über jeden Euro nachdenken, den ich ausgebe. Das schränkt mich sehr ein. Ich lese viel, Bücher kann ich mir ab und an schon leisten. Vor ein paar Wochen wurde mein Rad gestohlen, seitdem fahre ich mit der S-Bahn, wobei ich schon auch versuche, mir den einen oder anderen Fahrschein zu sparen: Die Fahrscheine sind halt sehr teuer. Ich habe mir auch schon überlegt, mit dem Rauchen aufzuhören, um Geld zu sparen, aber das hat bis jetzt nicht geklappt.“

Ramona S., 22:

„420 Euro erhalten mein Kind und ich im Monat an Unterstützung, dazu kommen Kinder- und Elterngeld, und mein Partner ist neben der Arbeitslosigkeit geringfügig beschäftigt. Da ich mein Kind in den ersten sechs Monaten nach der Geburt gestillt habe, konnte ich viel Geld einsparen, sicherlich 500 bis 600 Euro. Jetzt koche ich Brei für meinen Kleinen. Mein Freund und ich versuchen, alles im Sonderangebot und auf Vorrat einzukaufen. Wir verzichten auf vieles, auch ein Urlaub ist leider nicht drin. An vorderster Stelle steht für uns unser Kind. Essen kaufe ich nicht im Discounter, sonder in den türkischen Läden in Wedding ein. Dort ziehen wird jetzt auch hin, denn auch die Miete ist da einfach viel günstiger.“

Protokolle: Rita Nikolow

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