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Politik: Hartz-Vermittler

Clement will sich in Leipzig Protestierern stellen – aber Parteifreunde zweifeln an seiner Kompetenz

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Sollte wahr sein, was der Thüringer SPD-Chef Christoph Matschie über das Verhältnis von Wolfgang Clement und den Ostdeutschen denkt, dann wird die Anti-Hartz-Wutwelle in den neuen Ländern ab Anfang September womöglich noch stärker wogen. Denn Clement, der Vater der Hartz-IV-Reform in der Bundesregierung, hat nach Ansicht von Matschie „kein Fingerspitzengefühl für das, was im Osten abgeht“. Zu Deutsch: Wessi Clement versteht weder, warum sich die Ossis jetzt so aufregen, noch kann er ihre Seele beruhigen.

Dennoch wird der Wirtschafts- und Arbeitsminister am übernächsten Montag nach Leipzig fahren und dort den Demonstranten selbst vor Ort erläutern, wie er seine Arbeitsmarktreformen sieht. Noch seien zwar nicht alle Details der Clement-Visite geklärt, sagte seine Sprecherin am Mittwoch. Dass der Minister sich aber den Protestierern in Sachsen stellen will, ist wohl sicher.

Damit geht jetzt die zweite Infokampagne der SPD-Führung in Sachen Reformen offenbar richtig los. Die ersten Anzeigen in Sachen Hartz IV hat das Bundespresseamt bereits geschaltet, Clements Infobroschüren zu den Details des Reformgesetzes sind im Druckhaus, und nun schwärmen die Minister selbst ins Land aus. Clement also zur Montagsdemo nach Leipzig, der Kanzler womöglich zum Sangesfest nach Finsterwalde. Und Manfred Stolpe, der Ostbeauftragte qua Amt, fährt ohnehin ständig und überall hin. „Alle sollten sich an der Information der Öffentlichkeit beteiligen“, ließ Stolpe die Kabinettskollegen am Mittwoch noch einmal wissen.

Ob solch Werbetour allerdings zu mehr Akzeptanz dessen führt, was die Regierung in den letzten Monaten alles ins Gesetzbuch geschrieben hat, daran zweifelt zumindest mancher SPD-Abgeordnete, der jetzt nach der Sommerpause aus seinem Wahlkreis wieder in die Bundeshauptstadt kommt. „Nicht einmal bei den eigenen Funktionsträgern angekommen“, heißt es da, sei etwa die Information, dass Hartz IV auch einen familienpolitischen Aspekt hat – nämlich den Ausbau der Kinderbetreuung in den Kommunen, damit die Eltern arbeiten gehen können. Wo aber nicht mal alle SPD-Bürgermeister wissen, was die eigene Regierung beschlossen hat, dann kann ja nichts Positives in die Praxis umgesetzt werden, vermuten die Sozialdemokraten im Bundestag.

Im Fraktionsvorstand will sich die SPD-Führung deshalb des Mottos „Tue Gutes und rede darüber“ am Wochenende intensiver annehmen. Es müsse gelingen, sagt Fraktionsvize Joachim Poß, dass die Öffentlichkeit nicht nur über Inhalte der Reformen der Bundesregierung besser informiert werde, sondern auch deren Umsetzung gesichert sei.

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