zum Hauptinhalt

Politik: Hat die Ministerin ihren Verfolger übersehen?

Einige Experten vermuten einen „Stalker“ hinter dem Attentat

Ein politisches Attentat? Ein verwirrter Obdachloser? Inzwischen denkt die schwedische Polizei, dass der Mörder von Außenministerin Anna Lindh ein Einzeltäter gewesen ist, der seine Tat gezielt beging. Die Zeitung „Svenska Dagbladet“ zitierte einen Polizeisprecher, der es für möglich hält, dass der Täter Lindh schon vor Betreten des Kaufhauses gefolgt sein könnte. Für die Berliner Autorin Susanne Schumacher könnte dies darauf hindeuten, dass es die Tat eines so genannten Stalkers war. Sie hat sich intensiv mit dem Phänomen Stalking auseinander gesetzt.

Der Begriff stammt aus dem Englischen und bedeutet „sich an ein Wild heranpirschen“. Als Stalker werden Menschen bezeichnet, die Prominente oder Bekannte verfolgen, ausspionieren und mit Briefen oder Anrufen bedrohen. Prominente Stalking-Opfer sind beispielsweise Oskar Lafontaine, der 1990 bei einem Attentat in Köln lebensgefährlich verletzte wurde, oder John Lennon, dessen Mörder Marc Chapman durch die Tat berühmt werden wollte. „Nicht immer verfolgen die Täter ihre Opfer so offensichtlich, dass diese etwas davon mitbekommen“, sagt Schumacher. Im Fall Lindh sprächen die bisherigen Informationen nicht dafür, dass sie sich verfolgt fühlte. Denn die beliebte Politikerin hatte keine Leibwächter beantragt. Dennoch könnte es Anzeichen für eine Bedrohung gegeben haben, die aber nicht ernst genommen wurden. „Vielleicht hat der Täter Briefe an ihr Büro geschickt, die dort nicht aufgefallen sind.“

Stalker verfolgen ganz unterschiedliche Motive. Im Fall Lindh wollte der Täter vielleicht durch die Tat berühmt werden, vermutet Schumacher. Der bis heute nicht aufgeklärte Mord an Ministerpräsident Olof Palme könnte ihn zu einer Nachahmertat motiviert haben.

Wahrscheinlicher ist Schumachers Meinung nach aber, dass es sich um einen geistesgestörten Attentäter handelt. „Vor allem diese könnten sehr gefährlich sein und schrecken dann auch vor Mord nicht zurück.“ Manche Stalker fühlten „sich verfolgt und wollen die Welt darauf aufmerksam machen“. Reagiert diese nicht auf ihre Warnungen, so versucht der Stalker durch eine Tat seine Umgebung aufzuwecken. Das Opfer muss dabei nicht unbedingt vorher feststehen. „Im Fall Lafontaine beispielsweise hat sich die Attentäterin erst kurz vor der Tat dazu entschlossen, ihn zu verletzen.“

Eva Schwartmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false