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Haushalt: Schulden und Sühne

Die Koalition plant eine höhere Neuverschuldung – von der Opposition wird sie dafür heftig gescholten.

Berlin - So emotional können wohl nur Haushaltspolitiker über den Etat sprechen. Den Bundeshaushalt 2009 sehe er mit „zwiespältigen Gefühlen“, sagt der CDU-Experte Steffen Kampeter am Morgen nach der abschließenden Sitzung des Haushaltsausschusses. Mit „Schmerzen“ sehe er die höhere Neuverschuldung von 18,5 Milliarden Euro im nächsten Jahr, die damit laut Plan um acht Milliarden Euro höher ausfallen wird als im Sommer veranschlagt. Der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider sagt, es sei richtig, in dieser wirtschaftlichen Lage die Kräfte des Staates zu bündeln und mehr Geld für Investitionen auszugeben. „Man weiß nicht, wie tief die Krise sein wird.“

In der Nacht zum Freitag hatte der Haushaltsausschuss in seiner Bereinigungssitzung die letzten Änderungen am Etatplan für 2009 beschlossen. Der Bundestag soll in der nächsten Woche den Haushalt endgültig verabschieden. Mit der höheren Neuverschuldung will die Bundesregierung Ausfälle bei den Steuereinnahmen kompensieren sowie das Konjunkturpaket finanzieren. Insgesamt darf der Bund im nächsten Jahr 290 Milliarden Euro ausgeben, das sind 1,6 Milliarden Euro mehr als ursprünglich geplant. Davon sind 27,2 Milliarden Euro für Investitionen vorgesehen. Etwas vorsichtiger schätzt die Koalition die Erlöse aus Privatisierungen ein und kalkuliert für 2009 nur noch mit 2,0 statt 4,3 Milliarden Euro an Einnahmen.

Der SPD-Haushaltsexperte Schneider verteidigte die Höhe der Neuverschuldung von 18,5 Milliarden Euro. Die Koalition habe „Politik mit Augenmaß“ betrieben und nicht „die Schleusen geöffnet“, sagte er. So hätten die Haushälter die vielen zusätzlichen Ausgabenwünsche aus den einzelnen Fachministerien abgewehrt – „all die Dinge, die da in den Schubladen liegen“. Der Bund werde mittelfristig am Ziel festhalten, einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen, „so früh wie möglich in der nächsten Legislaturperiode“. Angesichts der Finanzkrise hatte die Bundesregierung das Ziel aufgegeben, bereits 2011 keine neuen Kredite mehr aufzunehmen. Als neue Zielmarke gilt 2013, ein offizielles Datum nannten die Koalitionäre aber noch nicht.

FDP und Grüne kritisierten das Ausmaß der geplanten Neuverschuldung. Die Koalition habe angesichts der Finanzkrise „das Füllhorn ausgeschüttet“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jürgen Koppelin. Der Grünen-Haushaltsexperte Alexander Bonde warf der Koalition „Etikettenschwindel“ und „Buchungstricks“ vor. Die reale Verschuldung für 2009 schätze seine Fraktion auf 44,5 Milliarden Euro – unter anderem weil die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II deutlich höher ausfallen würden als veranschlagt. Er verwies außerdem darauf, dass immer mehr Institute für nächstes Jahr mit einem Rückgang des Wirtschaftswachstums von bis zu einem Prozent ausgingen, während die Bundesregierung noch ein Plus von 0,2 Prozent unterstelle. Dabei habe selbst Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) vor dem Haushaltsausschuss deutlich gemacht, dass die Bundesbank von einem Minus von einem Prozent ausgehe.

Die Haushaltsexpertin der Linken, Gesine Lötzsch, bezeichnete das geplante Konjunkturprogramm als „schlechten Witz“. Die Bundesregierung habe den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt, sagte sie und forderte ein 25-Milliarden-Euro-Paket, um die Binnennachfrage anzukurbeln. Der CDU-Haushaltsexperte Kampeter hingegen sagte, für ein EU-Konjunkturprogramm stehe kein Geld zur Verfügung. Deutschland werde über die vorgesehenen nationalen Maßnahmen kein zusätzliches deutsches Steuerzahlergeld ausgeben, „um in Europa Luftschlösser zu bauen“.

Der Bund wird nach Angaben der Haushälter im nächsten Jahr zusätzlich eine Milliarde Euro für Verkehrsprojekte investieren. Kampeter sagte, „alle baureifen Projekte“ des Bundes seien genehmigt worden. Er empfahl, durch die Lockerung von Genehmigungsvorschriften zusätzliche Investitionen zu ermöglichen. Außerdem sollen zusätzlich 200 Millionen Euro in Bildung und Forschung fließen, davon 155 Millionen an Forschungsorganisationen.

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