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© dpa

Haushaltsplanung: Erwartungen und Kritik: „Schwer beherrschbare Risiken“

Die FDP kritisiert die schwarz-rote Haushaltspolitik. Finanzminister Peer Steinbrück blickt dagegen optimistisch nach in die Zukunft.

Von Antje Sirleschtov

In einer detaillierten Aufstellung hat der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, der FDP-Politiker Otto Fricke, die Risiken für den Haushalt 2008 und für die mittelfristige Finanzplanung aufgelistet. Danach kostet allein die Wiedereinführung des Bundeszuschusses für die gesetzliche Krankenversicherung bis 2016 kumuliert rund 76 Milliarden Euro und die Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I bis 2011 rund 3,5 Milliarden Euro.

Die aus der Bankenkrise resultierenden steuerlichen Mindereinnahmen und das IKB-Hilfspaket könnten den Etat in diesem Jahr mit rund vier Milliarden Euro belasten, erwartet Fricke. Auch der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst werde zusätzliche 1,3 Milliarden Euro kosten. Dazu kämen Kinderzuschlag, außerplanmäßige Rentenerhöhung und Zusatzausgaben für Forschung und Entwicklung. Damit zeichneten sich „erhebliche und schwer beherrschbare Milliardenrisiken“ ab, fürchtet der FDP-Politiker. Eine Risikovorsorge oder ein Puffer seien weder im laufenden Haushalt noch in der Finanzplanung vorhanden.

Zwei Milliarden weniger

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) erwartet dagegen nicht, dass die Finanzmarktkrise dauerhafte Folgen für die öffentlichen Haushalte mit sich bringen wird. In ihrer Vorlage für die am Dienstag in Meißen beginnende Steuerschätzung gehen Steinbrücks Beamte davon aus, dass Bund, Länder und Gemeinden in diesem Jahr mit „ziemlich genau zwei Milliarden Euro“ weniger auskommen müssen, als bei der letzten Prognose im November geschätzt, berichtet das Düsseldorfer „Handelsblatt“. Im vorigen Herbst hatten die Experten das gesamte Steueraufkommen für 2008 auf 555,6 Milliarden Euro taxiert. Grund für die etwas geringeren Einnahmen seien vor allem die Abschreibungen der Banken im Zuge der Finanzmarktkrise, die deren Steuervorauszahlungen minderten. Dies erfuhr das „Handelsblatt“ aus Regierungskreisen.

Das Ergebnis der Steuerschätzung wird am Donnerstag bekannt gegeben. Es dient als Basis für die Haushaltsaufstellung 2009 und die mittelfristige Finanzplanung. Wahlkämpfern gibt es darüber hinaus Hinweise, ob und wie viele Wahlgeschenke finanzierbar sind. Ab dem Wahljahr 2009 verheißt Steinbrücks Vorlage eitel Sonnenschein. Trotz gebremster Konjunktur und erstmals ins Kalkül gezogener Ausfälle durch die Unternehmensteuerreform dürfte laut Vorlage 2009 das vor einem Jahr geschätzte Steueraufkommen von rund 575 Milliarden Euro erreicht werden, heißt es in den Kreisen weiter. In den Jahren 2010 bis 2012 könnten die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden den Angaben zu Folge sogar noch „nennenswert höher ausfallen“ als bei der letzten Mittelfristprognose vor einem Jahr geschätzt.

Die Folgen geplanter Gesetze bleiben unberücksichtigt

Doch gibt es ein Problem: Die Steuerschätzer rechnen stets auf der Basis geltenden Rechts. Geplante, aber noch nicht verabschiedete Gesetze bleiben unberücksichtigt. Außen vor bleibt daher die geplante Erbschaftsteuerreform eebenso wie auch die ab 2010 fällige Steuerbefreiung von weiteren Teilen der Krankenversicherungsbeiträge, die dem Fiskus Steuerausfälle in einer Größenordnung von zehn Milliarden Euro bescheren dürfte.

Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler, kritisierte derweil, dass die Haushaltskonsolidierung bislang vor allem über Steuererhöhungen erreicht worden sei. Die Steuereinnahmen des Staates würden in diesem Jahr höher sein als im vergangenen Jahr, und sie würden auch 2009 weiter steigen, schrieb Däke in einer Kolumne für die Nachrichtenagentur ddp. Allein die Steuereinnahmen des Bundes seien seit 2005 von 190 Milliarden Euro auf geschätzte 238 Milliarden Euro in diesem Jahr gestiegen – ein Anstieg um 25 Prozent. Dies sei „im Wesentlichen das Ergebnis der größten Steuererhöhung aller Zeiten“ durch die Anhebung der Mehrwert- und Versicherungssteuer 2007 und die Kürzung der Entfernungspauschale. Die Ausgaben des Bundes seien seit dem Amtsantritt der großen Koalition jedoch um über elf Prozent gestiegen. „Von einer Haushaltskonsolidierung über die Ausgaben kann also keine Rede sein“, meint Däke. „Andernfalls wäre bei dieser Explosion der Steuereinnahmen ein Haushalt ohne Neuverschuldung bereits 2009 möglich und nicht erst 2011.“ (mit ddp/HB)

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