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Politik: Heftige Tumulte beim Verfahrensauftakt - Bundesanwaltschaft wirft dem Islamistenführer Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor

Begleitet von heftigen Tumulten hat am Dienstag im Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf der Prozess gegen den "Kalifen von Köln" begonnen.Etwa 75 Sympathisanten des 47-jährigen Islamistenführers Muhammed Metin Kaplan verhinderten über Stunden die Verlesung der Anklageschrift durch die Bundesanwaltschaft.

Begleitet von heftigen Tumulten hat am Dienstag im Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf der Prozess gegen den "Kalifen von Köln" begonnen.

Etwa 75 Sympathisanten des 47-jährigen Islamistenführers Muhammed Metin Kaplan verhinderten über Stunden die Verlesung der Anklageschrift durch die Bundesanwaltschaft. Diese wirft dem Oberhaupt des Verbandes "Kalifatsstaat" Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung vor.

Kaplan, der sich "Emir der Gläubigen und Kalif der Muslime" nennt, soll seine Anhänger außerdem öffentlich zu Straftaten aufgefordert und den Mord an seinem Kontrahenten Halil Ibrahim Sofu im Mai 1997 in Berlin in Auftrag gegeben haben. Sofu war von drei bislang nicht bekannten Tätern erschossen worden, nachdem Kaplan als Führer des Kalifatsstaats öffentlich eine für seine Gefolgsleute verbindliche Todesdrohung gegen seinen Widersacher ausgerufen hatte.

Die Störungen zum Prozessauftakt gelangen den mit Kaftanen und Turbanen gekleideten Anhängern trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen vor dem Gericht und im Verhandlungssaal. Die schwarz gekleideten Frauen und bärtigen Männer weigerten sich zunächst, sich beim Eintritt der Richter zu erheben. Nach Androhung von Ordnungsstrafen verließen sie den Saal und riefen mit hochgereckten Fäusten laut: "Nicht Kaplan steht hier vor Gericht, sondern der Islam." Andere skandierten "Es lebe Kalifat" und "Allah ist groß". Auch Kaplan selbst sagte: "Hier sitzt der Islam auf der Anklagebank."

Zwei der Sympathisanten wurden wurden vorübergehend festgenommen. Die Bundesanwaltschaft plädierte in dem folgenden Ordnungsverfahren dafür, gegen diese beiden Rädelsführer eine Ordnungshaft bis zum Ende der Hauptverhandlungssitzung am Dienstag zu verhängen. Die Anwälte der Angeklagten nannten eine Haftstrafe unverhältnismäßig. Am Nachmittag verhängte der Senat zwei Tage Ordnungshaft. Adressen und Namen der Störer wurden so weit möglich festgestellt.

Neben Kaplan sind auch zwei seiner Vertrauten, der 34-jährige Theologe Hasan Basri Gökbulut und der 27 Jahre alte Student Harun Aydin angeklagt. Kaplan ist seit elf Monaten in Untersuchungshaft, seine beiden Mitstreiter auf freiem Fuß.

Wegen der Sicherheitskontrollen beim Betreten des Gerichts und des starken Andrangs von Anhängern des Moslemführers konnte die Verhandlung erst mit einer Stunde Verspätung beginnen. Vor dem Gericht, wo früher Verfahren gegen bundesdeutsche Terroristen geführt wurden, warteten am Nachmittag noch gut 200 weitere Sympathisanten auf den Einlass zur Gerichtsverhandlung.

Alle drei Angeklagten wurden in der Türkei geboren. Im Falle der Verurteilung droht Kaplan eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren.

Eine Abschiebung nach einer Verurteilung ist nicht möglich, da dem 47-Jährigen in der Türkei die Todesstrafe droht. Sollten sich im Verlauf des zunächst bis zum 2. Mai terminierten Verfahrens Anhaltspunkte dafür finden, dass es sich bei dem von Kaplan geführten Verband um eine terroristische Vereinigung handelt, hätte der Islamistenführer bei einer Verurteilung mit bis zu zehn Jahren Gefängnis zu rechnen, hieß es am Rande des Prozesses.

Kaplan steht seit 1995 an der Spitze des von seinem Vater 1984 in Köln gegründeten Verbandes der islamischen Vereine und Gemeinden, der 1994 in Kalifatsstaat umbenannt wurde. Die Organisation versteht sich als eigenständiger Islamstaat und will vor allem in der Türkei eine Herrschaft allein auf Grundlage des Korans und der Scharia, dem islamischen Gesetz, errichten.

Der Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetzt.

Thomas Kröter

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