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Politik: Heimkehr in die Fremde

Von Claudia von Salzen und Ulrike Scheffer Es war eine späte Rückkehr. 22 Jahre lang hatte Hamid Ebrahim seine Heimat nicht mehr gesehen.

Von Claudia von Salzen

und Ulrike Scheffer

Es war eine späte Rückkehr. 22 Jahre lang hatte Hamid Ebrahim seine Heimat nicht mehr gesehen. Doch er kam nicht mit leeren Händen nach Afghanistan: Der Architekt wollte drei Monate lang beim Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Landes helfen. Mit einem deutschen Ärzteteam reiste er Mitte November nach Afghanistan. Im Norden des Landes baute er eine Schule und zwei Kliniken wieder auf. Ebrahim gehörte zu den ersten Exil-Afghanen, die nach dem Sturz der Taliban nach Afghanistan zurückkehrten, um beim Neuanfang zu helfen. Die Übergangsverwaltung unter Hamid Karsai hofft, dass viele diesem Beispiel folgen werden, denn das Land braucht dringend Fachkräfte.

Auch die mehr als 70 000 in Deutschland lebenden Afghanen rief Karsai bei seinem Berlin-Besuch eindringlich auf, beim Wiederaufbau zu helfen. Ein vom deutschen Entwicklungsministerium (BMZ) finanziertes Rückkehrprogramm soll den Exil-Afghanen die Entscheidung erleichtern. Rund zwei Millionen Euro stellt das Ministerium in diesem Jahr zur Verfügung, drei Jahre soll das Programm insgesamt laufen. Am Mittwoch begann in Kabul zunächst ein Computerkurs für 15 Männer und fünf Frauen. Einige Teilnehmer haben lange als Flüchtlinge in Pakistan gelebt, andere sind aus Deutschland zurückgekommen. Von solchen Projekten zur Beschäftigungsförderung erhofft sich das BMZ Impulse für die afghanische Wirtschaft und dadurch mittelfristig einen Schub für die Rückwanderung. Insgesamt 8000 Menschen sollen in den kommenden drei Jahren zum Elektriker, Maurer oder in anderen Handwerksberufen ausgebildet werden.

„Zusätzlich vermitteln wir Fachkräfte an internationale Organisationen, die in Afghanistan tätig sind", sagt Klaus Dünnhaupt, Geschäftsführer der mit dem Programm beauftragten Entwicklungsgesellschaft Agef. Gefragt seien besonders Agrarökonomen, Ingenieure und Soziologen. Im Internet hat die Agef eine Stellenbörse eingerichtet. Für dieses Jahr rechnet man im BMZ mit 100 bis 200 rückkehrwilligen Fachkräften. Das Interesse an dem Rückkehrprogramm ist insgesamt noch verhalten. „Bisher sind bei uns 200 Bewerber registriert“, sagt Michael Bohnet, Sonderbeauftragter des BMZ für den Wiederaufbau Afghanistans.

Offensive im Osten Afghanistans

Gerade die gut ausgebildeten und in Deutschland etablierten Afghanen sind nur schwer zu einem Neuanfang zu bewegen. Bedenken haben sie vor allem wegen der Sicherheitslage. Im Südosten des Landes haben amerikanische, britische und australische Soldaten gerade eine neue Offensive begonnen. Ein weiteres Hemmnis für die Fachkräfte ist das Lohnniveau: Selbst Spitzenbeamte verdienen nicht mehr als 500 Dollar im Monat, berichtet Dünnhaupt. Über das Rückkehrprogramm werden daher auch Gehaltszuschüsse gezahlt. Wie schon bei ähnlichen Angeboten für ehemalige vietsische Vertragsarbeiter und Flüchtlinge aus dem Kosovo sind zudem umfangreiche Hilfen für Existenzgründer vorgesehen.

Manche der in Deutschland lebenden Afghanen fürchten indes negative Auswirkungen auf ihr Asylverfahren oder ihren Aufenthaltsstatus, wenn sie Interesse an einer Rückkehr zeigen. „Das können wir ausschließen“, sagt Dünnhaupt, „der Datenschutz bleibt in jedem Fall gewahrt“. Auch eine Rückkehr auf Zeit ist möglich: Die Einsätze sollten aber mindestens ein halbes, besser ein Jahr dauern, betont Bohnet: „Wir gehen davon aus, dass die Rückkehrer dann dauerhaft bleiben, wenn der Friedensprozess vorangeht.“ Hamid Ebrahim plant indes von Deutschland aus schon sein nächstes Projekt in Afghanistan: Er will die deutsche Schule in Kabul beim Wiederaufbau unterstützen.

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