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Politik: Heißer Draht nach beiden Seiten

Die EU-Außenminister wollen weiter mit Arafat sprechen. Das haben sie auch ihrem israelischen Kollegen gesagt

Israels Außenminister Silvan Schalom hatte in Brüssel einen schweren Stand. Obwohl die EU-Kommission gerade erst Fehler bei einer Bürgerumfrage einräumen musste, aus der Israel wohl auch wegen der unglücklichen Fragestellung als größte Gefahr für den Weltfrieden hervorging, schonten die EU-Außenpolitiker ihren Kollegen nicht. Da half es auch nicht, dass Schalom zu Beginn noch einmal seine Empörung über die Umfrage kundtat. Die EU-Minister kritisierten vor allem den Bau einer Sicherheitsmauer und die israelische Siedlungspolitik, weil dies den Aufbau eines Palästinenserstaates unmöglich mache. Schalom dagegen sagte, es habe in den vergangenen drei Jahren 19 000 Anschläge auf Israel gegeben. Die Sicherheitsmauer solle weitere verhindern. Auch am Dienstag kamen indes wieder zwei Israelis ums Leben, als Attentäter an einer Straßensperre auf israelische Soldaten schossen.

Die EU forderte Israel in einer Erklärung im Anschluss an das Treffen erneut auf, alle Menschenrechtsverletzungen und Angriffe auf Palästinenser zu unterlassen. Israel solle die Reform der palästinensischen Verwaltung ermöglichen, um die humanitären Bedingungen in der Region zu verbessern. Außerdem wird von Israel verlangt, palästinensische Produkte nicht länger zu diskriminieren und die von der EU unterstützten gemeinsamen Energieversorgungsprojekte zwischen Gaza und Netivot zu ermöglichen.

Auch Sanktionen gegen Israel waren vor dem Termin im Gespräch. Sie scheiterten jedoch an Deutschland, das nahezu als einziges EU-Mitgliedsland uneingeschränkt auf eine ausgewogene Behandlung der beiden Konfliktparteien besteht. Die Sanktionsbefürworter argumentierten hingegen, die EU verliere in der arabischen Welt an Glaubwürdigkeit. Das müsse durch spektakuläre Gesten aufgehalten werden.

Die EU-Troika aus dem italienischen Außenminister Franco Frattini, dem Hohen Beauftragten für die Außen- und Sicherheitspolitik Javier Solana und dem Außenkommissar Christopher Patten konnte Schalom trotz der eher frostigen Atmosphäre das Zugeständnis abringen, den Kontakt mit dem EU-Nahostbeauftragten Marc Otte wieder aufzunehmen. Dieser wird bislang von israelischen Politikern boykottiert, weil er auch mit Palästinenserführer Jassir Arafat in Kontakt steht. „Ab jetzt werden wir tägliche Kontakte schaffen“, sagte Schalom, „auch wenn wir davon überzeugt sind, dass Arafat Hindernisse zwischen Israel und den Palästinensern aufbaut.“ Frattini machte deutlich, dass Arafat als gewählter Präsident Ansprechpartner für die EU bleibe. Schalom kündigte außerdem an, dass Israels Premierminister Ariel Scharon in der kommenden Woche erstmals mit dem neuen palästinensischen Regierungschef Ahmed Kurei sprechen wird.

Unterdessen kritisierte Israels Botschafter in Berlin, Schimon Stein, die Nahost-Politik der EU. Trotz aller Anstrengungen sei das Verhältnis zwischen Israel und der EU „nicht normal“, sagte Stein der „Welt“. Bei Meinungsverschiedenheiten werde Israel von der EU immer wieder mit Sanktionen gedroht. „So geht man nicht mit einem Staat um, der ein Interesse daran hat, dass Europa sich im Nahen Osten engagiert“, kritisierte Stein.

Mariele Schulze Berndt[Brüssel]

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