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Trojaner-Affäre. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) beteuert, alles sei nach Recht und Gesetz zugegangen.

© dapd

Trojaner-Affäre: Herrmanns Nerven liegen blank

Dem sonst so besonnenen und freundlichen bayerischen CSU-Innenminister macht die Trojaner-Affäre schwer zu schaffen. Auch der FDP-Koalitionspartner steht offenkundig nicht hinter dem Minister.

Noch am Wochenende schien alles in Ordnung zu sein für Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann. Routiniert leitete er die Wahlen beim Nürnberger CSU-Parteitag und behielt auch bei den vielen Beisitzer- und Vize-Beisitzerkandidaturen noch den Überblick. Seine sonore Bassstimme strahlte Ruhe und Vertrauen aus.

Tags darauf aber kamen die ersten Meldungen über den Einsatz eines Trojaners in Bayern, mit dem Computer mutmaßlicher Krimineller ausgespäht werden. Je mehr Informationen enthüllt wurden und werden, desto schwerer ist Herrmanns Stand. Die Grünen-Opposition im Landtag beißt sich vor allem an einer Ermittlungsaktion in Landshut fest, die ihrer Auffassung nach „offensichtlich rechtswidrig“ gewesen war. Das dortige Landgericht hatte Anfang 2011 der Computer-Überwachung eines Verdächtigen zugestimmt, gegen den wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt wurde. Allerdings wurde nicht nur seine Kommunikation auf dem Computer registriert. Sondern es wurden auch, so die Grünen, tausende Bildschirmseiten des Rechners gespeichert (Screenshots) – ein Vorgehen, das von dem Gerichtsbeschluss nicht gedeckt sei.

Nach Aussagen Herrmanns aber haben die Beamten immer korrekt nach Recht und Gesetz gehandelt. Doch einiges ist weiterhin unklar. Etwa, wie viele Überwachungen es insgesamt gegeben hat. Bisher war immer von fünf Fällen im Freistaat die Rede gewesen, laut einem Medienbericht nennt das bayerische Landeskriminalamt aber nun schon 22 Fälle. Bei den fünf Vorkommnissen sollen neben der Überwachung der Kommunikation auch Bildschirmfotos gemacht worden sein.

Am Donnerstag nun rief ein Medienbericht kurzfristig Empörung hervor. Das Blatt hatte berichtet, dass ein Trojaner bei einem verdächtigen Anabolika-Händler in Nürnberg nicht nur die E-Mails vom Tag der Richtergenehmigung überwacht, sondern auch Chatprotokolle aus der Vergangenheit ausgespäht haben soll. Das wäre rechtswidrig gewesen und hätte Herrmann das Amt kosten können. Allerdings stimmt die Darstellung so nicht, wie diese Zeitung aus zuverlässiger Quelle erfuhr. Vielmehr haben die Polizisten demnach korrekt überwacht. Nach der Festnahme des Verdächtigen wurde aber der Laptop beschlagnahmt, auf dem die Chatprotokolle gefunden wurden.

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Das einige Stunden andauernde Informationschaos zeigt aber auch eines: Die Nerven liegen blank beim Thema Bundestrojaner. Laut Herrmann habe die Computersoftware nur das ausgespäht, was sie habe ausspähen dürfen. In der Landtagsdebatte tags zuvor hatte er sich über „maßlose Unterstellungen und Desinformationen“ vonseiten der Opposition echauffiert. Der gemütliche „Balu, der Bär“, wie der 55-jährige Franke manchmal genannt wird, ging zum Angriff über. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause kontert: „Wenn sich der Vorwurf bestätigt, dass der Staatstrojaner verfassungswidrige Ausspähungen ermöglicht, muss Innenminister Herrmann zurücktreten.“

Auch der FDP-Koalitionspartner steht offenkundig nicht hinter dem Minister. Aus den Reihen der Liberalen hat ihm niemand applaudiert. Stattdessen verkündet FDP-Fraktionschef Thomas Hacker, dass es kein „Ausspionieren der Bürger“ geben dürfe. Mittlerweile prüft der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri die Spitzeleinsätze. Er werde besonders darauf achten, so Petri, „welche technischen Maßnahmen erfolgt und inwiefern die Vorgaben der richterlichen Anordnungen beachtet worden sind“. Die Reaktionen der Bürger zeigten die „Unsicherheit“, die diese Art des behördlichen Ausspähens hervorrufe.

Joachim Herrmann, der im Jahr 2007 auf den damaligen Innenminister Günther Beckstein gefolgt war, gilt als Aktivposten im bayerischen Kabinett. Ministerpräsident Horst Seehofer möchte ihn unbedingt als ausgewiesenen Fachpolitiker halten. Auch besitzt Herrmann die Fähigkeit, mit großer Freundlichkeit eine harte Law-and-Order-Politik durchzusetzen.

Doch nicht nur das Trojaner-Thema kratzt seinen Ruf an. Vor kurzem war Bayerns Polizei in die Kritik geraten. So soll der Rosenheimer Polizeichef einen 15-Jährigen grundlos auf der Wache verprügelt und ihm einen Zahn ausgeschlagen haben. Herrmann suspendierte den Mann. Auch sollen Beamte bei einer Fahndung die unbescholtene Familie eines pensionierten Polizisten mit großer Brutalität attackiert haben.

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