zum Hauptinhalt
Roland Koch.

© ddp

Hessen: Koch-Abschied: Mit Piefke-Marsch und Udo Jürgens

Roland Koch verabschiedet sich mit Pomp und Gloria – sein Nachfolger bildet das Kabinett komplett um.

„Wie ein Popstar“ lasse sich der hessische Ministerpräsident Roland Koch verabschieden, kritisierte SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel. Doch das stundenlange Defilee von 500 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Kultur, zu dem Koch für Montagabend ins Biebricher Schloss geladen hatte, und das sich daran anschließende militärische Zeremoniell im Schlosspark, erinnerten eher an Preußens Gloria denn an Popkultur. Auf dem Programm der Bundeswehrkapelle, die bei Fackelschein zur „Serenade“ aufspielte, stand neben diversen Hymnen auch der „Düppel-Schanzen-Sturmmarsch“. Diese Musik hatte 1864 der Komponist Johann Gottfried Piefke anlässlich der Angriffe der preußischen Soldaten im deutsch-dänischen Krieg geschrieben.

Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Altkanzler Helmut Kohl hatte sich zur Feier auch Schlagersänger Udo Jürgens angesagt, ein persönlicher Freund des scheidenden Ministerpräsidenten. Die gefühligen Melodien von „Liebe ohne Leiden“ und „Ihr von Morgen“ aus Udos Oeuvre waren von Roland Koch selbst ausgewählt worden. Das Jürgens-Medley, „dargeboten vom Heeresmusikkorps 2 der Bundeswehr“, sollte an diesem Abend das einzige Zugeständnis an die Moderne bleiben. „Ich bin durchaus ein bisschen mehr als sentimental“, hatte Koch zuletzt in einem seiner zahlreichen Abschiedsinterviews eingeräumt.

Nur wenige Stunden vor dem feierlichen Abgesang auf die Ära Koch in der hessischen Landespolitik hatte sein designierter Nachfolger, Noch-Innenminister Volker Bouffier, seine künftige Regierungsmannschaft vorgestellt. Seine Ankündigung, das Kabinett werde „jünger und weiblicher“ sein, hat er dabei kaum einlösen können. Der künftigen Regierung gehören 14 Männer und lediglich sechs Frauen an. Nachfolgerin der scheidenden Umweltministerin Silke Lautenschläger wird die CDU-Bundestagsabgeordnete Lucia Puttrich, die acht Jahre älter ist als ihre Vorgängerin.

Neuer Staatskanzleichef soll der bisherige CDU-Fraktionsgeschäftsführer Axel Wintermeyer werden. Im Finanz- und im Innenministerium werden die bisherigen Staatssekretäre Thomas Schäfer und Boris Rhein zu Staatsministern befördert. Der langjährige Finanzminister Karlheinz Weimar verabschiedete sich. Stephan Grüttner, Kochs Staatskanzleichef, wird Sozialminister. Sein Vorgänger in diesem Amt, Jürgen Banzer, ist der Einzige aus Kochs Regierungsmannschaft, der nicht freiwillig geht. Seine Abberufung werde die CDU im Hochtaunuskreis schlucken müssen, sagte der sichtlich enttäuschte Noch-Minister, der Kreisvorsitzender in dieser CDU-Hochburg ist. Für ihn sei offenbar kein Platz im neuen Kabinett, „ich bin ja auch vielleicht ein bisschen sperrig“. Banzer war parteiintern kritisiert worden, nachdem er sich am Rande der Frankfurter Schwulenparade am Christopher Street Day mit einer Dragqueen hatte ablichten lassen.

Kochs Nachfolger Bouffier setzt im Übrigen auf bewährte Kräfte, von denen kaum eine Kurskorrektur zu erwarten ist. An diesem Dienstag wird der Landtag Bouffier zum Ministerpräsidenten wählen. Bei Kochs letzter Wiederwahl 2009 hatten ihm mindestens vier Abgeordnete aus dem Lager der Regierungsparteien ihre Stimmen verweigert. Bouffiers Wahl gilt trotzdem als sicher, denn CDU und FDP verfügen im Landtag über eine Mehrheit von sechs Stimmen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false