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Monika Ebeling.

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Geschlechterpolitik: "Hier ärgerliche Frauen, dort ausgelaugte Männer"

Monika Ebeling, ehemalige Gleichstellungsbeauftragte in Goslar, spricht im Interview über ihre Erfahrungen mit der Geschlechterpolitik.

Frau Ebeling, Sie mussten Ihr Amt als Gleichstellungsbeauftragte von Goslar verlassen, weil Sie sich zu sehr für Männer engagiert haben. Haben Sie Probleme mit dem Feminismus?

Sehr lange gar nicht. Ich war von jeher SPD-affin, schon mein Großvater war Sozialdemokrat; das war während der NS-Zeit auf unserem Dorf nicht leicht. Ich halte mich für sozial und demokratisch, aber auch christlich-liberal. Als SPD-Mitglied habe ich mich sofort in der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen engagiert. Bis ich etwa dreißig war, hatte ich kaum Kritik an der Frauenbewegung.

Was hat sich dann geändert?

Das war ein Prozess. Ich habe immer gearbeitet, bin aber nach meiner Scheidung tief in die Sozialarbeit eingestiegen, habe in der Müttergenesung und mit verhaltensauffälligen Kindern gearbeitet und Sozialdienst im Krankenhaus gemacht. Für viele Probleme von Müttern – ich habe selbst vier Kinder – oder für die alter Frauen, die ich dort kennenlernte, hatte die Frauenbewegung keine ausreichenden Antworten.

Was meinen Sie?

Das Leitbild Karrierefrau, die Mutterrolle wurde eher abgewertet. Männern geht es heute ähnlich; die Guten sind feminismusfreundlich, die Kritischen böse.

Der Verein „agens“, dem Sie angehören, ist nicht nur kritisch, er propagiert ein Zurück zu alten Rollen. Und die Macher des Antifeministischen Kongresses in Zürich, an dem Sie teilnehmen, scheinen auch die Emanzipation zurückdrehen zu wollen und schimpfen auf feministische „Vogelscheuchen“.

Wissen Sie, Aggressionspotenzial gibt es auch von Frauenseite. Professor Gerhard Amendt, der auf dem Männerkongress in Düsseldorf auftrat, brauchte Polizeischutz. Überall ist Protest legitim – warum nicht auch gegen den Feminismus? Bei „agens“ wird offen diskutiert. Das kannte ich so noch nicht.

In der Frauenbewegung wird nicht offen diskutiert?

Nicht so. Sie lebt von Solidarität und Monolog. Und die Solidarität ist an Bedingungen geknüpft: Wer ein bisschen aus der Reihe tanzt, bekommt sie entzogen.

Wie lief das in Goslar?

Es begann schon sehr bald nach meinem Amtsantritt. Weil ich mich auch um benachteiligte Männer kümmerte, gingen natürlich Ressourcen verloren. Was folgte, könnte man Mobbing nennen.

Sie sagten einmal, Sie seien sogar froh, nicht mehr im Amt zu sein. Deswegen?

Schlimmer war das Dilemma, in das ich geriet. Weil ich mit Männern kooperierte, bekam ich Kontakt mit ihnen, sie schilderten mir ihre Not etwa als Scheidungsväter – das hat es mir noch schwerer gemacht: Hier ärgerliche Frauen, dort ausgelaugte, kaputt gemachte Männer.

Halten Sie dieses Dilemma für lösbar?

Im Augenblick nicht. Wenn wir den Kampf gegen die Benachteiligungen beider Geschlechter gleich werten – gut möglich, dass Gleichstellungsbeauftragte dann irgendwann überflüssig werden. Das müssen wir jetzt gesellschaftlich neu verhandeln. Es hat sich viel verändert, öffentlich und privat. Gerade im Väter-Mütter-Verhältnis sind die Rollenstereotype aber stark. Wir können nicht aktive Väter fordern und bei Trennung oder Scheidung sagen: Das Kind gehört aber mir. Frauen halten das alte Mutterideal hoch, als ob es dafür Orden gäbe und sie nicht wüssten, dass geteilte Verantwortung sie auch freier macht: Für den Beruf, für Hobbys, für eine neue Beziehung. Seit Jahrzehnten wächst die Scheidungsrate und wir haben noch immer keinen erwachsenen, verantwortlichen Umgang damit. Das muss sich ändern.

Monika Ebeling, Ex-Gleichstellungsbeauftragte aus Goslar. Am Montag diskutiert sie im Wissenschaftszentrum Berlin zu „Mann und Frau – wie geht’s weiter?“ Andrea Dernbach sprach mit ihr.

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