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Politik: Hilfe für 1,8 Millionen Somalier gestoppt

UN können Bedürftige wegen des Kriegs nicht mehr versorgen / Äthiopische Truppen in Mogadischu

Mogadischu/Berlin - Äthiopische Truppen und die somalische Übergangsregierung haben am Donnerstag die Hauptstadt Mogadischu eingenommen, nachdem die Union der Islamischen Gerichte die Stadt kampflos aufgegeben hatte. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) warnte davor, dass Somalia erneut „in Chaos und Anarchie zurückfallen“ könnte. Wegen der Kämpfe könnten die rund 1,8 Millionen Menschen, die wegen verheerender Überschwemmungen im Süden des Landes auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind, nicht mehr versorgt werden. Das UN-Ernährungsprogramm hat seine Hilfe bereits eingestellt.

Der Krieg in Somalia könnte auch für Deutschland zu einem Problem werden. Mit der Übernahme der Ratspräsidentschaft der Europäischen Union und der Präsidentschaft über die sieben wichtigsten Industrienationen und Russland (G 8) wachsen die Erwartungen an Berlin, sich in dem Konflikt zu positionieren. Das fällt der Regierung offenbar schwer. Zumal sich auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der Nacht zum Donnerstag schon zum zweiten Mal nicht auf eine Resolution einigen konnte. Die Abstimmung in New York scheiterte daran, dass Katar darauf bestand, den Abzug der äthiopischen Truppen aus Somalia zu fordern. Darauf wollten sich insbesondere die USA und Großbritannien nicht einlassen.

Der beamtete Staatssekretär im Entwicklungsministerium, Erich Stather, sagte, die „Situation ist relativ schwierig zu beurteilen“. Wichtig sei es, dass „die Kämpfe so schnell wie möglich beendet werden und die Parteien wieder miteinander sprechen“. Ob eine „europäische Vermittlungsaktion sinnvoll ist, muss man sehen“, sagte er. Die frühere Staatsministerin im Auswärtigen Amt und grüne Afrika-Expertin Kerstin Müller sagte: „Das könnte der Anfang eines Flächenbrandes sein, der das gesamte Horn von Afrika in einen neuen Krieg stürzt.“ Zumal auch der Nachbarstaat Sudan „eher instabil“ sei. Das gelte auch für Eritrea, das mit Äthiopien verfeindet ist und die Islamischen Gerichte mit Waffen unterstützt.

Dennoch wies Stather Forderungen zurück, die Entwicklungshilfe für Äthiopien einzustellen. Die Budgethilfe für Äthiopien hätten Deutschland und andere Geber schon Ende 2005 eingestellt, weil sich das Land weniger demokratisch entwickelte als erhofft. Deutschland gibt rund 23 Millionen Euro im Jahr in Äthiopien aus. Stather sagte: „Wir beobachten schon sehr aufmerksam, ob es Möglichkeiten gibt, den Druck zu erhöhen.“

Müller forderte, die „sehr guten Beziehungen zu Äthiopien zu nutzen“ und mit der Regierung „Klartext“ zu reden. Müller schlug vor, dass Außenminister Frank- Walter Steinmeier nach Addis Abeba reisen sollte, um Äthiopien zu überzeugen, „sich aus Somalia herauszuhalten“.

Der Gründer der Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“, Karlheinz Böhm, schlug eine Vermittlung des Bundespräsidenten vor, der sich wiederholt für ein verstärktes deutsches Engagement in Afrika ausgesprochen hatte. „Horst Köhler ist einer der besten Afrikakenner, und er genießt hohen Respekt auf dem Kontinent.“ Das deutsche Staatsoberhaupt solle sich „einmischen“, forderte Böhm in der „Abendzeitung“. mit dpa

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