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Tut Schwarz-Rot genug für Alleinerziehende?

© Lukas Schulze/dpa

Hilfe für Alleinerziehende: Kann Manuela Schwesig sich gegen Wolfgang Schäuble durchsetzen?

Die Familienministerin und der Finanzminister liegen im Clinch. Es geht um Kindergeld und Kinderfreibetrag. Der eigentliche Knackpunkt aber ist die steuerliche Entlastung für Alleinerziehende.

Zwischen der Glinkastraße in Mitte, wo Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) ihren Dienstsitz hat, und der Wilhelmstraße, wo Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) amtiert, ist es kein weiter Weg. Doch die beiden Ministerien scheinen derzeit Welten zu trennen. Denn Schäuble und Schwesig streiten sich über die Kinderförderung. Die Welten drücken sich in Zahlen aus – die zwar nicht exorbitant unterschiedlich sind, denen aber Symbolkraft zukommt: Steigt das Kindergeld bis 2016 um sechs Euro pro Monat (das ist Schäubles Position), oder werden es mindestens zehn Euro sein (das will Schwesig durchsetzen)? Am Ende wird man sich vermutlich in der Mitte treffen.

Doch im Familienministerium gibt es noch zwei Anliegen, denen Schwesig offenbar einige Bedeutung für die Profilierung der SPD innerhalb der Koalition beimisst. Zum einen ist das der Kinderzuschlag, den Familien bekommen, die nahe am Hartz-IV-Niveau leben. Der Zuschlag soll verhindern, dass arbeitende Eltern mit Kindern unter die Bedarfsgrenze rutschen und auf Unterstützung der Jobcenter angewiesen sind. Hier hat Schäuble eine Erhöhung um 20 Euro auf einen Satz von bis zu 160 Euro im Monat vorgeschlagen. Schwesig glaubt, dass es noch mehr sein müsste. Aber immerhin hat der Finanzminister hier Erhöhungsbedarf anerkannt.

Seit 2004 ist der Entlastungsbetrag nicht angehoben worden

Im Gegensatz zum steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Der beträgt derzeit 1308 Euro im Jahr, eine Summe, die seit 2004 nicht mehr angepasst wurde. Schwesig hält das für dringend nötig. Es dürfte der härteste Konflikt zwischen der jüngsten Ministerin im Kabinett und dem Regierungsältesten werden. Denn Schäuble beruft sich auf den Koalitionsvertrag: Bei allen nicht vorrangigen Maßnahmen sollen Verbesserungen aus den Ressortetats finanziert werden. Und das heißt für Schwesig, dass sie für eine Erhöhung der steuerlichen Unterstützung von Alleinerziehenden das Geld selbst beibringen muss.

Zwar bekommt sie jetzt dank Schäuble ein wenig Luft, denn die Ressorts müssen künftig keine Mittel mehr zurückhalten für die Finanzierung des Betreuungsgeldes. Doch das frei werdende Geld soll für Investitionen verwendet werden. Und bei 1,6 Millionen Alleinerziehenden dürfte selbst eine moderate Steigerung des Entlastungsbetrags schnell zu einer stattlichen Millionensumme führen, die Schwesig, sollte Schäuble sich durchsetzen, in ihrem Etat einsparen müsste.

Die Familienministerin argumentiert, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Verhältnis zu seiner Höhe eine der effektivsten Leistungen zur Unterstützung von Erwerbstätigkeit sei. Sie kann sich dabei auf eine umfangreiche Studie des Prognos-Instituts berufen. 80 Prozent der Alleinerziehenden haben demnach weniger als das mittlere Einkommen der Familien zur Verfügung, ihr Armutsrisiko sei damit überproportional hoch. Da sie wie Singles besteuert werden, ist ihre Steuerlast, wenn sie besser verdienen, deutlich höher als bei Paaren.

Opposition macht Druck

Druck kommt auch von der Opposition. „Die Zukunftsvergessenheit wird immer mehr zum Markenzeichen der großen Koalition“, kritisierte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Die Kindergelderhöhung falle mager aus und gehe an den Problemen von Familien, insbesondere von Alleinerziehenden, vorbei. „In Berlin lebt jedes dritte Kind von Hartz IV“, sagte die Grünen-Politikerin: „Union und SPD werden mit dieser Kindergelderhöhung daran nichts ändern, genauso wenig wie das Rentenpaket die drohende Altersarmut verhindert.“ Grünen-Steuerfachfrau Lisa Paus greift zwar Schäuble an, der sich ihrer Meinung nach sperrig gibt, „weil es ihm offenbar schwerfällt, die neue Vielfalt der Familienformen anzuerkennen“. Indirekt aber trifft die Kritik auch Schwesig, falls diese sich nicht durchsetzen kann oder nur eine kleine Erhöhung hinbekommt. Bis Ende März wollen die beiden Minister sich verständigen. Dass Schäuble nun schon vorgeprescht ist, wurde in der Glinkastraße mit Verärgerung registriert.

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