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Politik: Hilfe für die Ost-Kassen und Zuckerbrot für die unionsgeführten Länder im Bundesrat

Jetzt ist es also raus. Die Westdeutschen müssen demnächst mit höheren Krankenkassenbeiträgen rechnen.

Jetzt ist es also raus. Die Westdeutschen müssen demnächst mit höheren Krankenkassenbeiträgen rechnen. Dies zeichnet sich nach Gesprächen ab, die der Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Erwin Jordan, mit seinen Kollegen in den Ländern geführt hat. Wie stark die Beiträge steigen, hänge von mehreren Faktoren ab. Gibt es etwa mehr oder weniger Arbeitslose, welche Gestalt hat am Ende der Beratungen die Gesundheitsreform, die ja die Gesundheitskosten begrenzen und die Beiträge stabilisieren soll? Nach den vorliegenden Rechnungen könnte der Beitrag vom Jahr 2001 an in fünf Stufen um jeweils 0,05 Prozentpunkte steigen. Derzeit liegt der Durchschnittsbeitrag der Kassen im Westen bei 13,5 Prozent, im Osten bei 13,9 Prozent.

Grund für die höheren Beiträge ist die Hilfe für die Ost-Kassen. Wie berichtet, will Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) die überschuldeten Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen und Sachsen-Anhalt mit einmalig 1,3 Milliarden Mark im kommenden Jahr unterstützen. Das Geld will sie bei den West-Kassen einsammeln, wodurch deren Beiträge um 0,1 Prozentpunkte steigen dürften. Ersatz- und Betriebskassen sperren sich dagegen, weil sie ihre Versicherten nicht weiter belasten wollen. Dagegen beklagen die AOK, dass sie im Osten Altschulden und viele Härtefälle, wie Geringverdiener oder chronisch Kranke haben.

Neben dieser einmaligen Finanzspritze plant die Ministerin die Lage der Ost-Kassen langfristig zu sichern und Rechtsunterschiede einzuebnen. Vom Jahr 2001 an will sie in fünf Jahren einen gesamtdeutschen Risikostrukturausgleich (RSA) einführen. Der RSA gleicht die Wettbewerbsbedingungen der Kassen aus und gilt bislang nur für den Westen. Würde er in einem Schritt eingeführt, fielen zusätzliche Kosten zwischen 5,4 und 7 Milliarden Mark an. Also streckt die Ministerin die Einführung - wodurch die Beiträge dennoch tendenziell steigen. Ob die Kassen den Plan abnicken, ist offen. Betriebs- und Ersatzkassen sind mit dem geltenden RSA unglücklich und lehnen Änderungen ab. Dabei braucht die Ministerin die Kassen, sie gehören zu den wenigen Befürwortern ihrer Reform.

Mit der Hilfe für die Ost-Kassen verfolgt Andrea Fischer auch ein politisches Ziel. Sie will die Front der unionsgeführten Länder aufweichen, damit der Bundesrat ihre Gesundheitsreform absegnet. Doch öffentlich sperren sich die Ostländer. Zwar begrüsse man die Hilfe für die Ost-Kassen, aber der Gesundheitsreform wolle man nicht zustimmen. "Diese Kröte werden wir nicht schlucken", sagt ein Sprecher des thüringischen Gesundheitsministers Frank-Michael Pietzsch (CDU). Die grüne Gesundheitsexpertin Katrin Göring-Eckardt hält dies für "Theaterdonner": "Die Ost-Länder müssen sich entscheiden, ob sie gleiche Verhältnisse zwischen Ost und West wirklich wollen."

Nicht nur die Osthilfe bereitet der Ministerin Kopfzerbrechen. Inzwischen laufen die Betriebskrankenkassen (BKK) gegen eine Änderung bei der Gesundheitsreform Sturm. So dürfen sich bis Ende 2000 nicht nur keine neuen BKK gründen, die bestehenden BKK dürfen auch keine neuen Mitglieder werben. Der Hintergrund: Die Ersatzkassen bemängeln seit langem, dass die BKK ihnen mit günstigen Beiträgen junge Mitglieder abwerben.

Andreas Hoffmann

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