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Politik: Hilfe unter Nachbarn

Schröder wirbt in Paris für Europas Verfassung – dort wächst die Angst vor einem Nein im Referendum

Knapp fünf Wochen vor dem mit Spannung erwarteten EuropaVotum der Franzosen hatte das Treffen des deutsch-französischen Ministerrates am Dienstag natürlich eine besondere Bedeutung. Die fünfte Konferenz dieser Art, an der zwanzig Minister beider Länder in Paris teilnahmen, widmete sich insofern weniger dem eigentlich vorgesehenen Hauptthema – weitreichenden gemeinsamen Industrieprojekten –, sondern wurde deutlich bestimmt von der Sorge, die allen EU-Ländern derzeit Frankreichs drohendes „Nein“ bei der Volksabstimmung über die europäische Verfassung am 29. Mai bereitet.

Nach jüngsten Umfragen ist ein Großteil des französischen Wahlvolkes zwar immer noch unentschlossen. Dennoch führen die steigende Arbeitslosigkeit, sinkendes Wirtschaftswachstum und ein generelles Misstrauen gegenüber den europäischen Institutionen dazu, dass die Franzosen heute zu 52 Prozent mit „Non“ und nur zu 48 Prozent mit „Oui“ abstimmen würden. Hinzu kommt nach etlichen politischen Skandalen ein tiefes Misstrauen gegenüber den Regierenden. Befürchtet wird deshalb ein „zweiter 21. April“, ähnlich dem Tag bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2002, als die Wähler den bürgerlichen Parteien beider Couleurs zugunsten von Links- und Rechtsaußen einen kräftigen Strafzettel verpassten.

Frankreichs Staatschef Jacques Chirac erhoffte deshalb nichts mehr, als starke Unterstützung seines Freundes, des Bundeskanzlers Gerhard Schröder, in der für ihn bedrohlichen EU-Frage. Die hat er zwar bekommen, aber ob die gemeinsame Strategie aufgeht, mit Hilfe schillernder Projekte gegen die Arbeitslosigkeit und für mehr länderübergreifende Kooperation in den Bereichen Forschung der Europa-Müdigkeit der Franzosen rasch entgegenzuwirken, muss sich erst zeigen.

Vorgestellt wurden vier neue Vorhaben in den Bereichen Biomedizin und Informationstechnologie, bei denen große Firmen wie Siemens, Alstom, Thales und Thyssen Krupp künftig zusammenarbeiten sollen, unter dem Dach öffentlich geförderter Forschungsinstitute und mit dem Ziel, den USA, Japan und China Konkurrenz aus Europa entgegenzusetzen. Ausreichen wird dies nicht, sagen Experten jetzt schon, denn erstens: Die Forschungsetats beider Länder liegen mit 2,5 Prozent (Deutschland) und 2,2 Prozent (Frankreich) deutlich unter dem von Brüssel geforderten Niveau von mindestens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und zweitens: Der entscheidende Europa-Termin, das Referendum in Frankreich, rückt immer näher. Kanzler Schröder hat über seinen Regierungssprecher Bela Anda versprochen, seine Regierung stehe bereit, den französischen Freunden bei der Kampagne für ein „Ja“ beizustehen.

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