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Politik: Hinter den Linden: Wahre Tiefe

Jeder Berufszweig baut hin und wieder Mist. Wir wollen hier nicht von Friseusen reden, die nicht verstehen wollen, dass meterhohe Plateau-Turnschuhe keine gute Arbeitskleidung sind, was regelmäßig zur Folge hat, dass sie umknicken und dem Kunden statt den Haaren ein saftiges Stück Muttermal von der Kopfhaut schneiden.

Jeder Berufszweig baut hin und wieder Mist. Wir wollen hier nicht von Friseusen reden, die nicht verstehen wollen, dass meterhohe Plateau-Turnschuhe keine gute Arbeitskleidung sind, was regelmäßig zur Folge hat, dass sie umknicken und dem Kunden statt den Haaren ein saftiges Stück Muttermal von der Kopfhaut schneiden. Nein, hier geht es um Verfehlungen der fundamentalen Art: Bekanntlich haben die Philosophen immer den blöden Fehler gemacht, dass sie die Welt nur verschieden interpretiert und dabei vergessen haben, worauf es wirklich ankömmt. Wie der alte Karl Marx einst bemerkte, kömmt es nämlich darauf an, sie (die Welt) zu verändern.

Der Schapdettener Philosoph Theodor Blieshaimer jedenfalls wollte die Marxsche Kritik nicht länger auf seinem Berufsstand sitzen lassen: Er suchte folgerichtig die Nähe zu einem Politiker, der um ein Haar Kanzlerkandidat geworden wäre, sicher aber nächster Außenminister wird. Zu einem also, der die Welt verändern will. Nun stand Jürgen Möllemann bisher nicht im Verdacht, sein Programm ("Keine Staus!") auf philosophischem Unterbau zu betten - auch wenn er wie Blieshaimers Kollege Adorno ein W zwischen Vor- und Nachnamen trägt. Aber Möllemann hat nun verraten, er lese auf Gran Canaria Blieshaimers neues Werk "Neue Wege zu wahrer Tiefe". Und sein Freund, der Philosoph, den Möllemann einst "einen der klügsten Köpfe unserer Zeit" genannt hat, käme vielleicht gar zu einem Tauchkurs vorbei.

Dies alles klingt so gut, dass wir ein Gerücht, der "klügste Kopf" sei Möllemanns Hirn entsprungen, die Figur Blieshaimer also frei erfunden, nicht weiter nähren wollten. Denn dann gäbe es womöglich auch das neue Buch von Blieshaimers Ehefrau Eleonore nicht, das der Stammzellen-Importeur Möllemann gerade als "ebenso ernsthaften wie wichtigen Beitrag zur Gentechnik-Debatte" gerühmt hat. Titel: "Die Zelle fällt nicht weit vom Stamm."

Markus Feldenkirchen

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