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Politik: Hinter den Linden: Zusammenkämpfbarkeit

Mit den Wörtern ist es eine merkwürdige Sache. Ganze philosophische Systeme beruhen auf dem stillen Verdacht, dass unsere Sprache nicht einfach eine Abfolge von Lauten ist, sondern ein Eigenleben führt.

Von Robert Birnbaum

Mit den Wörtern ist es eine merkwürdige Sache. Ganze philosophische Systeme beruhen auf dem stillen Verdacht, dass unsere Sprache nicht einfach eine Abfolge von Lauten ist, sondern ein Eigenleben führt. Man kann das durchaus wörtlich nehmen. Wie viele Wörter sind ausgestorben, begraben unter dicken Sedimentschichten der Sprachgeschichte? Zwei Dutzend Bände füllt das Wörterbuch der Gebrüder Grimm. Jedes dritte Wort darin kennt kein Heutiger mehr: welcher Englisch-Lehrer würde nicht seinem Schüler die Übersetzung eines "butterfly" in "Butterfliege" hohnlachend als groben Fehler anstreichen, nicht ahnend, dass der Schmetterling einst auch in deutschen Landen so hieß? Manche Wendungen wiederum überleben durch Mimikry. Besonders klar zeigt das der Jargon des politischen Alltags: Er entstammt zu guten Teilen einer untergegangenen Militärtechnik. Da werden munter Attacken geführt; oder die Opposition beschwert sich, dass die Regierungsmehrheit Gesetzentwürfe im Parforceritt durchs Parlament peitsche. Allein das Vokabular eines durchschnittlichen Wahlkampfs würde ausreichen, um daraus eine Geschichte der Kreuzzüge zu bestücken. Manchmal aber wird ein neues Wort geboren. Da wird dieser Tage auf der Homepage des Verteidigungsministeriums über die Kommandeurstagung in Leipzig berichtet. Der Verfasser zitiert aus der Rede des Generalinspekteurs, die Führungsstruktur der Bundeswehr müsse besser zu der der Partner passen. Notwendig sei mehr "Kombatibilität". Ein Schreibfehler? Aber diese schillernde Vielfalt von Kombattant über Kombi zu kompatibel! Wörter, wer wollte daran zweifeln, führen ein Eigenleben.

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