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Hitler-Vergleiche: Streit um Reform der türkischen Verfassung

In der Türkei wird der Streit um Regierungspläne zur Änderung der Verfassung immer mehr zu einem politischen Glaubenskonflikt, in dem alle Register gezogen werden. Selbst Hitler-Vergleiche machen inzwischen die Runde.

Eine Einigung von Regierung und Opposition auf ein gemeinsames Vorgehen scheint selbst bei den konsensfähigen Teilen des Verfassungspakets unmöglich, weitere Spannungen sind dagegen wahrscheinlich. Beide Seiten reklamieren für sich, die Demokratie zu verteidigen. Erdogans religiös-konservative Regierungspartei AKP will mit den Verfassungsänderungen das Verfassungsgericht neu ordnen, die Ernennung von Richtern neu organisieren, die Macht der Militärs weiter stutzen und Parteiverbote erschweren. Die Opposition ist zwar mit einigen Einzelregelungen einverstanden, wirft der Regierung aber vor, mit dem Paket werde insgesamt die Gewaltenteilung untergraben.

Deniz Baykal, Chef der linksnationalen Oppositionspartei CHP, beschwor in der vergangenen Woche den legendären britischen Premier Winston Churchill und sagte, so wie dieser gegen die Nazis gekämpft habe, kämpfe er nun gegen die Verfassungspläne von Premier Recep Tayyip Erdogan. Der ließ den implizierten Hitler-Vergleich nicht auf sich sitzen und bezeichnete Ismet Inönü, einen früheren CHP-Staatspräsidenten, als den eigentlichen Hitler von Ankara.

Die CHP bereitet eine Verfassungsklage vor, mit der sie das 27 Änderungen umfassende Paket stoppen will, noch bevor es einer Volksabstimmung vorgelegt werden kann, wie Erdogans Pläne es vorsehen. Im Parlament von Ankara läuft die Beschlussfassung über das Paket unterdessen weiter. Am Montag erlitt Erdogan dabei eine schwere Schlappe: Ein Vorhaben zur Erschwerung von Parteiverboten verfehlte im Plenum die notwendige Mehrheit. Die Opposition triumphierte – sie sieht nun die Möglichkeit, der AKP weitere Niederlagen beizubringen.

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