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Kein Grün, nur Beige: der vertrocknete Rheinpark am Rheinufer.

© Rolf Vennenbernd/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Hitzewelle rückt in den Norden vor: Deutschland ist auf Extremwetter nur auf dem Papier vorbereitet

Obwohl der Klimawandel längst nach Gegenmaßnahmen ruft, gibt es bisher vor allem Pläne – statt konkrete Vorschriften. Das ist fahrlässig. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Susanne Ehlerding

Wenn am Dienstag der Ausläufer einer extremen Hitzewelle aus Frankreich und Spanien bei uns ankommt, ist Deutschland mit einem dicken Stapel Papier darauf vorbereitet. Schon 2008 hatte die Bundesregierung eine Anpassungsstrategie an den Klimawandel verabschiedet, 2011 folgte ein Aktionsplan Anpassung.

Modellprojekte und Forschungsvorhaben konnten sehr gut zeigen, wie Anpassung laufen müsste. Es blieb aber bei punktuellen Antworten, die von Projektförderungen abhängig waren. Schaut man in die Fortschrittsberichte, geht es zudem oft nur um „Pläne“ und „Dialoge“. Das Ergebnis bestand zum Teil in Broschüren, Methodenhandbüchern oder Leitfäden, etwa dem zur Erstellung von Hitzeaktionsplänen.

[Lesen Sie hier bei T-Plus: So lassen sich Städte hitzefest machen]

Dass bisher zu wenig passiert ist, kann man leicht am Sofortprogramm Klimaanpassung ablesen, das die Bundesregierung im März verabschiedet hat. Es stellt fest, dass es bisher keine Zuständigkeit für eine systematische und flächenhafte Förderung von Investitionen in die Klimaanpassung gibt. Ein Ziel war, empfindliche Bevölkerungsgruppen und Einrichtungen stärker bei der Klimaanpassung zu berücksichtigen. Aber wie genau? Zwingend vorgeschrieben wurden Hitzeaktionspläne jedenfalls nicht.

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Frankreich ist da weiter. In einer verheerenden Hitzewelle 2003 waren die Plätze in Leichenhallen knapp geworden, weil so viele ältere Menschen an den Folgen verstarben. Ein gekühlter Flugzeughangar in einem Vorort von Paris diente damals als größte Leichenhalle Frankreichs. Die Politik reagierte: Heute gibt es einen Alarmplan für jedes Departement und eine „Hundstage Hotline“, an die man sich wenden kann.

Berlin ging voran

In Deutschland geht Berlin als Großstadt mit starkem Hitzeinseleffekt voran. Als erstes Bundesland hat die Hauptstadt im Juni einen Hitzeaktionsplan verabschiedet. Es braucht aber eine ganz neue Sensibilität für die Gefahren des Klimawandels. Das hat auch die Flutkatastrophe im vergangenen Jahr gezeigt. Zwar schickte das Umweltministerium in Nordrhein-Westfalen damals Warnungen an alle Landkreise. Sie waren aber so formuliert, dass die Zuständigen die Größe der Gefahr daraus nicht ablesen konnten. Hinterher sagte eine Betroffene, sie habe sich das Ausmaß nicht vorstellen können, Deutschland sei doch kein Dritte-Welt-Land.

Solidarisch mit den Schwächsten sein

Dieser Satz enthält etwas sehr Wahres: Wir stecken alle in diesem Klimawandel, es gibt kein Entrinnen, auch nicht für die Bewohner des reichen Teils dieses Planeten – selbst wenn wir uns besser anpassen können. Insofern kann die Konsequenz nur sein, solidarisch mit den Schwächsten bei uns zu sein – den Alten, den Kindern und den Kranken –, aber auch den besonders Betroffenen weltweit zu helfen.

Das Versprechen ist noch nicht erfüllt

Die massiven Hilfsprogramme in der Coronapandemie haben gezeigt, welche Ressourcen im Notfall mobilisiert werden können. Darauf weisen die ärmsten Länder der Welt hin, die noch immer auf die Erfüllung des Versprechens warten, das ihnen 2009 bei der Klimakonferenz in Kopenhagen gegeben wurde. Nämlich jährlich 100 Milliarden Dollar für den Kampf gegen den Klimawandel.

Zwar wurden zuletzt 80 Milliarden aufgebracht, der Löwenanteil ging aber in Projekte zur Minderung der Emissionen, nicht in die Anpassung. Genug Geld wäre da, wenn die Nationen weltweit aus der Subventionierung der fossilen Energien aussteigen und es in den Ausbau der erneuerbaren Energie oder in die Anpassung stecken würden.

Beides ist dringend notwendig, denn dieser Sommer wird nicht der letzte heiße sein. Eines Tages könnten die Menschen ihn im Rückblick sogar als kühl erinnern. Die gute Nachricht ist: Wenn die Emissionen nicht mehr steigen, wird auch die Erderwärmung nach wenigen Jahren stagnieren. Hoffentlich sind die Hitzewellen dieses Sommers ein Anlass, endlich in die richtige Richtung umzuschwenken.

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