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Uli Hoeneß zieht den Kopf ein. Aber seine Steuerhinterziehung wird sich wohl zum Dauerthema auswachsen.

© dpa

Hoeneß' Steuerhinterziehung: Der Ball rollt ins Feld der Politik

Das Image des Präsidenten des FC Bayern ist ramponiert. Gegen allzu heftige Spekulationen in den Medien setzt er sich jetzt zur Wehr. Die Politik diskutiert derweil heftig über die richtige Strategie im Kampf gegen Steuerbetrug. Wie geht es weiter im Fall Hoeneß?

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Die Kanzlerin ist enttäuscht von ihm, die Fußballwelt schweigt und sieht die Sache als Hoeneß’ Privatangelegenheit an, die Politik streitet über die richtige Steuerpolitik. Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat mit seiner Selbstanzeige in Sachen Steuerbetrug eine heftige Debatte ausgelöst.

Wie ist die Sache ins Rollen gekommen?

Was Uli Hoeneß zur Selbstanzeige bewogen hat, bleibt weiterhin unklar. Tatsache ist, dass er sich im Januar wegen eines Kontos in der Schweiz selbst angezeigt hat und dass es zwei Monate darauf zu einer Durchsuchung seines Hauses am Tegernsee kam. Seit das bekannt ist, schießen die Spekulationen über die Höhe der Steuerschuld ins Kraut. Am Montag kündigte Hoeneß an, juristisch gegen eine Münchner Boulevardzeitung vorzugehen: „Gegen die Exzesse in einigen Berichterstattungen“ werde er sich zur Wehr setzen, sagte er dem „Münchner Merkur“. Damit dürften die Behauptungen gemeint sein, es gehe um ein „unvorstellbares Vermögen“ und „hunderte Millionen Euro“.

Eine andere Version verbreitet die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ). Demnach habe Hoeneß schon jetzt drei Millionen Euro an Steuern für Zinserträge an das Finanzamt gezahlt. Das Geld, das er in der Schweiz angelegt hatte, sei versteuert gewesen, es handelt sich also nicht um Schwarzgeld. Für die Zinsen wurde jedoch keine Steuer abgeführt. Die SZ rechnet hoch und kommt zu der „Annahme“, dass Hoeneß ursprünglich 18 bis 20 Millionen Euro angelegt habe. Ihm wird eine „Neigung zum Zocken“ zugeschrieben.

Die Münchner Staatsanwaltschaft äußert sich weiterhin zu keinerlei Details der Ermittlungen oder zur Höhe des Steuerbetrugs. Das ist nicht ungewöhnlich – informiert wird erst, wenn Anklage erhoben wurde. Laut Staatsanwalt müsse noch „viel geprüft“ werden. Auch Hoeneß selbst schweigt. Merkwürdig mutet die Hausdurchsuchung an – das legt nahe, dass die Staatsanwaltschaft den Verdacht hatte, die Anzeige könnte womöglich nicht vollständig sein oder Hoeneß könnte bekannt gewesen sein, dass er ins Visier der Steuerfahnder geraten war. Das würde die Eigenanzeige erheblich entwerten und könnte juristisch beträchtliche Folgen haben.

Muss Hoeneß als Präsident des FC Bayern München zurücktreten?

Er selbst ließ verlauten, dass er an einen Rücktritt nicht denke. Und so hat er auch angekündigt, heute beim Bayern-Spiel gegen den FC Barcelona in die Allianz-Arena zu kommen. Allerdings könnte sich der Wind in den nächsten Tagen drehen. Zwar bekommt er kein Geld für das Präsidentenamt, doch Hoeneß ist über die Jahre zum „Mister FC Bayern“ geworden. Er hat nicht nur Missstände und Scheinheiligkeit in Politik und Gesellschaft kritisiert, sondern auch „Machenschaften“ und Pöstchenschiebereien im Weltfußballverband Fifa. Daran wird er gemessen. Die Standardantworten aus dem Verein über seinen Fall lauten derzeit: „Kein Kommentar“ oder „Das ist seine Privatsache“. Beim FC Bayern ist die Lage gerade so, dass derjenige, der als erster an Hoeneß als Präsident zweifelt, wohl selbst keine große Zukunft mehr im Verein hätte.

Vereins-Vizepräsident Rudolf Schels sicherte indes Unterstützung zu: „Als Club stehen wir unverändert zu Uli Hoeneß und wünschen ihm alles Gute für die Klärung der Angelegenheit“, sagte Schels am Montag im Bayerischen Rundfunk.

Welche politische Bedeutung hat der Fall in Bayern?

Es ist kein Geheimnis, dass Uli Hoeneß große Sympathien für die CSU hegt und die Politik von Ministerpräsident Horst Seehofer unterstützt. Hoeneß selbst ist aber, anders als SPD-Landeschef Florian Pronold jüngst behauptet hatte, nicht Mitglied der CSU. „Dafür ist er zu autark und zu eigenständig“, sagt CSU-Sprecher Jürgen Fischer. Er bestätigt aber, dass die Partei bei Hoeneß „angeklopft“ habe, ob er als „bekannte Persönlichkeit“ auf der Zweitstimmen-Liste der CSU für den Landtag kandidieren wolle. Hoeneß habe aber gleich zu erkennen gegeben, dass er „null daran interessiert ist“. Trotz CSU-Nähe wahrt der FCB-Präsident seine Unabhängigkeit. So spricht er sich bei der nächsten Münchner OB-Wahl für den SPD-Kandidaten Dieter Reiter und gegen CSU-Mann Josef Schmid aus. SPD-Spitzenkandidat Christian Ude, mit Hoeneß durch innige gegenseitige Abneigung verbunden, wird dann entweder bayerischer Ministerpräsident oder Pensionär sein.

Unklar bleibt weiterhin, warum Landeschef Horst Seehofer schon frühzeitig vom Fall Hoeneß wusste und wer ihn informierte. Am Montag teilte er mit, er habe „aus der Staatsregierung heraus Kenntnis erlangt“. SPD und Grüne schlagen nun mit Blick auf die Landtagswahl am 15. September auf Hoeneß ein und wollen die CSU treffen. Die Taktik ist riskant: Wenn – auch nur indirekt – der FC Bayern München angegriffen wird, verstehen viele Bürger keinen Spaß. Denn schwarze wie rote Wähler genießen gemeinsam die Erfolge der Super-Kicker.

Nützt der Fall Hoeneß der Bundes-SPD?

Nach Ansicht der Sozialdemokraten rückt er mit einem Schlag ins öffentliche Bewusstsein, dass die schwarz-gelbe Koalition zu nachsichtig mit Steuersündern umgehe. Ihre eigenen Ziele sieht die SPD dagegen bestätigt: härtere Regeln für Banken und Finanzmärkte, höhere Steuern für Reiche. Auch in der Debatte um das Steuerabkommen mit der Schweiz fühlt sich die SPD bestärkt. Gegen massive Kritik aus Union und FDP hatten SPD-regierte Länder immer wieder Steuer-CD mit Daten von Steuerhinterziehern angekauft. Die härteste Attacke ritt der Parteichef selbst. „Es zeigt sich, worum es CDU/CSU beim Steuerabkommen mit der Schweiz ging, nämlich Steuerbetrüger sozusagen zu schützen“, sagte Sigmar Gabriel. Das von der Bundesregierung mit der Schweiz ausgehandelte Steuerabkommen sah vor, Schwarzgeld deutscher Anleger zehn Jahre rückwirkend zwischen 21 und 41 Prozent zu versteuern. Die Steuerflüchtlinge wären aber anonym und straffrei geblieben – SPD und Grüne kippten deshalb das Abkommen im Bundesrat.

Die Koalition hielt dagegen. Nach dem Steuerabkommen hätte Hoeneß mehr Steuern zahlen müssen als nun aufgrund seiner Selbstanzeige, argumentierte FDP-Fraktionsvize Volker Wissing. Unionskollege Michael Meister (CDU) betonte, ohne Selbstanzeige wäre der Fall Hoeneß nie bekannt geworden und ohne Abkommen mit der Schweiz gebe es keinen sicheren Zugriff auf Schwarzgeld. Auch die erwarteten Einnahmen durch das Abkommen von 12 Milliarden Euro für den deutschen Fiskus führten die Koalitionspolitiker als Argument an. Die SPD bestreitet aber, dass diese Einnahmen die Gerechtigkeitslücke schließen, die der Verzicht auf Verfolgung und Bestrafung der Steuersünder reißt.

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