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Die Zeiten ändern sich. Im Juli 2012, nach der Wahl Hollandes zum Präsidenten, war das Verhältnis zwischen ihm und Etatminister Cahuzac (links) noch gut.

© AFP

Skandal um Auslandskonten in Frankreich: Hollande in Erklärungsnot

Frankreichs ehemaliger Haushaltsminister Cahuzac belog die Öffentlichkeit monatelang – jetzt hat Präsident Hollande in der Affäre um die Auslandskonten seines einstigen Gefolgsmannes viel zu erklären. Wie viel wusste er wirklich?

François Hollande hat „vor Zorn“ gebebt. Frankreichs Präsident sei „außer sich vor Wut“ gewesen, hieß es im Élysée-Palast. Der Grund: Am Dienstag hatte der frühere Haushaltsminister Jérôme Cahuzac vor der Justiz zugegeben, doch über illegale Konten in der Schweiz und in Singapur zu verfügen. Zuvor hatte Cahuzac monatelang die Existenz solcher Konten bestritten – in der Öffentlichkeit, vor dem Parlament, in der Regierung und „Auge in Auge“ mit dem Präsidenten, wie berichtet wurde.

Cahuzac war bereits vor zwei Wochen nach der Einleitung einer richterlichen Voruntersuchung von seinem Amt als Haushaltsminister zurückgetreten. Bis dahin hatte er als oberster Steuereintreiber als eine der wichtigsten Stützen Hollandes gegolten.

Der Skandal, den Cahuzac mit seinem Vertrauensbruch anrichtete, hat Hollande gerade noch gefehlt. Denn schließlich ist der Präsident in seiner Handlungsfähigkeit durch die wirtschaftliche Krise schon geschwächt genug. Noch am Dienstagabend musste Premierminister Jean-Marc Ayrault im Fernsehen bohrenden Fragen entgegentreten, ob Cahuzac protegiert wurde und wieso die Regierung seinen Behauptungen Glauben geschenkt habe.

Ayraults Erklärungsversuche blieben aber erfolglos. Und so nahm sich Hollande, bevor er zum Staatsbesuch nach Marokko aufbrach, am Mittwoch selbst noch die Zeit zu einer Fernseherklärung, um die vor allem von der Opposition vorgetragenen Zweifel an der Rolle der Regierung zu beseitigen. Cahuzac habe die „höchsten Autoritäten“ des Staates herausgefordert, sagte Hollande. „Ich versichere, dass er keinen anderen Schutz genossen hat als den der Unschuldsvermutung“, erklärte er. Cahuzac habe einen „unverzeihlichen moralischen Fehler“ begangen. Nun sei es an der Justiz, „in aller Unabhängigkeit“ die Konsequenzen zu ziehen.

Anfang Dezember hatte die Internetplattform Mediapart darüber berichtet, dass Cahuzac ein Konto bei der Bank UBS in Genf unterhalten habe. Das Konto sei 2010 kurz vor der Wahl des Inhabers zum Vorsitzenden des Parlaments-Finanzausschusses geschlossen und das Guthaben nach Singapur transferiert worden. Den Bericht stützte Mediapart auf die Wiedergabe eines Telefongesprächs, in dem einer der beiden Teilnehmer, dessen Stimme später von Experten „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ als die Cahuzacs identifiziert wurde, seine Dummheit bedauert, ein Konto in der Schweiz eröffnet zu haben. Noch nach seinem Rücktritt, zu dem ihn Hollande nach der Eröffnung des Untersuchungsverfahrens gezwungen hatte, blieb Cahuzac bei seinen Unschuldsbeteuerungen.

Davon rückte er jetzt ab, nachdem die Genfer Staatsanwaltschaft aufgrund eines Rechtshilfeersuchens der französischen Justiz bestätigt hatte, dass Cahuzac bis 2010 ein Konto bei der UBS unterhalten habe. Das darauf deponierte Guthaben sei dann an die Schweizer Privatbank Bank Reyl und Cie überwiesen und von dieser weiter nach Singapur transferiert worden. Sein Geständnis legte Cahuzac auf eigenes Ersuchen bei den Untersuchungsrichtern ab.

Nach Angaben seines Anwalts Jean Veil deponierte Cahuzac in Singapur 600 000 Euro. Das Geld stamme aus Cahuzacs Einnahmen als früherer Chef einer auf Haartransplantationen spezialisierten Klinik sowie aus Beratungshonoraren der Pharmaindustrie. Sein Mandant habe den Transfer des Geldes nach Paris angeordnet, sagte der Anwalt. Wegen Steuerhinterziehung und Vertuschung von Geldwäsche drohen ihm hohe Gefängnis- und Geldstrafen.

Frankreichs Sozialisten sind schockiert angesichts des Schadens, den der frühere Budgetminister angerichtet hat. Die Regierungspartei will Cahuzac nicht mehr in ihren Reihen sehen. Er habe sich „de facto selbst ausgeschlossen“, sagte Parteichef Harlem Désir.

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