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Politik: Humor ist eine Farbe

Von Harald Martenstein

Viele Leute sind mit den Parteien unzufrieden. Was tun sie? Nur relativ wenige in Berlin wählen NPD. Die meisten wählen gar nicht. Die meisten Leute werden, wenn sie die Parteien betrachten, nämlich nicht radikal, sondern einfach nur traurig. In Berlin gibt es einen Trend zu der liebsten Protestpartei aller Zeiten, den Grauen. Ich habe mir das graue Programm angeschaut, es klingt nach alter SPD mit ein bisschen alter CDU. Ich glaube, im Grunde wollen die Grauen einfach nur, dass Willy Brandt und Konrad Adenauer endlich zurückkommen. Ein schwieriges Ziel, aber kein verwerfliches.

Wegen der Wahl haben vielleicht viele nicht mitbekommen, dass es schon wieder eine Hitler-Debatte gibt. Diesmal wegen des Karikaturisten Walter Moers. Moers zeichnet seit Jahren „Adolf“-Comics, sein neuestes Buch heißt „Der Bonker“. Das gleichnamige Video ist der zurzeit erfolgreichste deutsche Musikfilm. Man sieht Hitler, der im Bunker auf dem Klo sitzt und mit seinem Hund Blondie in der Badewanne plantscht, während draußen die Bomben fliegen. Hitler singt: „Der Zweite Weltkrieg macht keinen Spaß mehr. Kapitulation? Nö, da halt ich nichts davon.“ Vor „Adolf“ hatte Moers einen Charakter namens „Kleines Arschloch“ gezeichnet. Dieser Mann bleibt seinen Themen treu.

In der Debatte meldeten sich bisher unter anderem die Autoren Ralph Giordano zu Wort („So kann man nicht verfahren“), Lea Rosh („Über das Thema kann man sich nicht lustig machen“) und Henryk M. Broder („Das ist heute die einzig richtige Art, mit dem Thema umzugehen“).

Dass man sich über das Thema durchaus lustig machen kann, haben schon in den 40er Jahren Regisseure wie Chaplin und Lubitsch bewiesen. Wahr ist, dass man sich über jedes Thema lustig machen darf, denn Humor ist nur eine Methode der Darstellung. Humor ist eine Farbe und kein fertiges Bild. Die lustigsten Werke der Weltgeschichte handeln von Tod, Liebe oder Verbrechen. Humor aber braucht fast immer ein Gefälle, ein überraschendes Moment. Guter Humor kann nicht brav und vorhersehbar sein. Wahr ist außerdem, dass eine bestimmte, stark moralisierende Form des Redens über Hitler, die vor 20 Jahren noch ging, heute nicht mehr geht. Dass H. ein Verbrecher war, hat sich herumgesprochen, echt. Es ist unumstritten, außer in Randgruppen wie der NPD. Wer also heute (außerhalb eines Klassenzimmers) über Hitler weiter nichts mitzuteilen hat als die unumstrittene Tatsache, dass Hitler böse war, der sollte lieber schweigen. Es ist zu banal.

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