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Politik: „Ich bin kein Klimakiller“

Wirtschaftsminister Clement spekuliert im Streit mit Umweltminister Trittin auf ein Kanzlerwort

Von Dagmar Dehmer

und Cordula Eubel

Wolfgang Clement und Jürgen Trittin bleiben im Gespräch. Dafür hat Trittin am Dienstag sogar eine Reise nach Bangkok zur Eröffnung einer Energiekonferenz abgesagt. Doch wie ein Kompromiss im Streit um den Klimaschutz zwischen dem Wirtschafts- und dem Umweltminister aussehen könnte, ist auch nach einem eineinhalbstündigen Treffen am Montagabend völlig unklar. Das Gespräch endete ohne konkretes Ergebnis. Notfalls will sich Bundeskanzler Gerhard Schröder in den Streit um den Emissionshandel einschalten. Sollten sich die beiden Minister nicht einigen, werde er von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen, sagte Schröder im ZDF.

Dabei gab der Kanzler seinem Wirtschaftsminister Rückendeckung, der bereits über eine Verletzung der EU-Fristen nachdenkt. Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit, sagte der Kanzler. Für Clement ist der Termin der EU-Kommission, die einen nationalen Zuteilungsplan für Verschmutzungsrechte bis zum kommenden Mittwoch erwartet, „wünschenswert, aber nicht zwingend“. Eine Verspätung wäre schließlich „nicht der erste Termin, den wir nicht präzise einhalten“. Dagegen besteht EU-Umweltkommissarin Margot Wallström weiter auf der Einhaltung der Fristen. Dem „Handelsblatt“ sagte sie, die Kommission werde die Regierung mahnen.

Clement wehrte sich gegen den Eindruck, er wolle die Klimaschutzziele nicht einhalten. „Ich bin kein Klimakiller, aber ich will auch nicht zum Killer der deutschen Wirtschaft werden“, sagte er. In Deutschland müsse auch wieder über Wachstum nachgedacht werden müsse, nicht nur über Begrenzung. Zudem sagte Clement dem ARD-Morgenmagazin, wenn die USA und Russland das Kyoto-Protokoll nicht ratifizierten, trete das Klimaschutzabkommen gar nicht in Kraft. Gestritten wird derzeit allerdings über die Umsetzung der EU- Emissionshandelsrichtlinie, die unabhängig vom KyotoProtokoll umgesetzt werden muss. Mittelfristig regte Clement erneut an, sämtliche Instrumente auf den Prüfstand zu stellen, die sich auf die Energiekosten der Unternehmen auswirkten: die Ökosteuer, die Förderung der Kraftwärmekopplung (KWK), das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie den Emissionshandel. „Wir können nicht alles addieren“, mahnte Clement.

Dagegen sagte Jürgen Trittin (Grüne) am Dienstag in Berlin, man dürfe nicht ein Instrument des Klimaschutzes gegen ein anderes ausspielen: „Wir brauchen sie alle.“ Trittin wies auf die enormen Schäden hin, die der Klimawandel verursache. Allein im vergangenen Jahr hätten die klimabedingten Schäden, für die der Versicherungskonzern Münchener Rück einstehen musste, 63 Milliarden Dollar betragen. Trittin wies zudem darauf hin, dass die Ökosteuer „vor allem von den Bürgerinnen und Bürgern bezahlt wird“. Die Unternehmen dagegen würden durch Sonderregelungen und die Entlastung bei der Rentenversicherung (siehe Kasten) sogar vom Steuerzahler subventioniert. Trittin nannte eine Summe von 5,6 Milliarden Euro jährlich, mit denen die Unternehmen bei der Ökosteuer begünstigt würden. Die Summe entnahm er dem Subventionsbericht der Bundesregierung. Zudem habe die Ökosteuer einen Rückgang der Kohlendioxid-Emissionen beim Verkehr bewirkt.

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