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EU-Parlamentarier Schulz: "Ich erwarte eine Zustimmung der SPD"

Martin Schulz, der Chef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, über den Euro und seine Berliner Parteikollegen.

Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker wirft der FDP vor, sie fahre in der Euro-Debatte einen populistischen Kurs. Stimmt der Vorwurf?

Er trifft teilweise zu. Die FDP ist gespalten zwischen ihrer Führung um Herrn Westerwelle und den Europapolitikern im EU-Parlament. Was Westerwelle macht, ist populistisch – denn es ist sichtlich nicht die Linie der FDP-Europaexperten und steht auch nicht in der proeuropäischen Tradition der Liberalen, die sich mit dem Namen von Hans-Dietrich Genscher verbindet.

Was ist falsch daran, sich gegen eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms auszusprechen, wie dies einige FDP-Politiker tun?

Es zeugt von einem eklatanten Mangel an Weitsicht. Was zur Unsicherheit in der ganzen Euro-Debatte beiträgt, ist nämlich nicht in erster Linie die Spekulation gegen die Gemeinschaftswährung, sondern es sind die schwankenden Regierungen der Euro-Mitgliedsländer und die Unredlichkeit der Banken. Was wir in Europa brauchen, sind Klarheit und Wahrheit. Es muss endlich auf den Tisch kommen, welche Risiken für die Staatshaushalte in den Banken schlummern. Die entsprechenden Beträge müssen zur systematischen Stützung unserer Wirtschaft dann auch bezahlt werden. Die schwankenden Regierungen, die aus kurzfristiger Opportunität mit Blick auf Wahltermine glauben, mit ambivalenten Aussagen überleben zu können, verunsichern das wirtschaftliche System am meisten. Mit dieser Ambivalenz ist der deutsche Außenminister bereits innenpolitisch gescheitert. Damit gefährdet er jetzt auch den Euro.

Wenn es zu einer Veränderung des Euro-Rettungsschirms kommt, muss der Bundestag zustimmen. Erwarten Sie eine Zustimmung der SPD-Fraktion?

Ich erwarte eine Zustimmung der SPD zu den Maßnahmen, die die Bundesregierung ergreifen muss.

Bei der Abstimmung über den Euro-Rettungsfonds im vergangenen Mai hatte sich die SPD-Fraktion noch enthalten.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat zu Beginn der Debatte über die Stabilisierung des Euro im vergangenen Jahr eine Diskussion geführt, wie sie überall anders auch stattfand. Sicher sind auch meine Kolleginnen und Kollegen im Bundestag im Frühjahr des vergangenen Jahres von der Dramatik der Euro-Krise überrascht worden. Zwischenzeitlich ist auch für sie völlig klar, dass eine stabile Euro-Zone für kein Land wichtiger ist als für Deutschland. Es ist mittlerweile auch deutlich geworden, dass die Euro-Zone keine Transferunion ist, wie dies noch vor einem knappen Jahr befürchtet worden war. Es geht vielmehr darum, dass wir in einer Schicksalsgemeinschaft leben. Und dabei hängt vor allem das Schicksal der deutschen Wirtschaft an einem stabilen Euro.

Das Gespräch führte Albrecht Meier.

Martin Schulz (55), ist seit dem Jahr 2004 Vorsitzender der Fraktion der Sozialdemokraten im Europaparlament. Seit November 2009 ist er Europabeauftragter der SPD.

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