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Politik: „Ich kenne alle Tricks“

Chef-Steuerfahnder Athens unter Verdacht.

Als oberster Steuerfahnder sollte er Betrüger zur Strecke bringen. Doch jetzt gerät Griechenlands „Steuer-Rambo“ Ioannis Kapeleris selbst ins Zwielicht: Der für Steuervergehen zuständige Sonder- Staatsanwalt Grigoris Peponis hat Anklage gegen Kapeleris wegen Untreue erhoben. Er soll betrügerischen Treibstoffhändlern Strafgelder erlassen haben. Dem Staat sei dadurch ein Schaden von etwa 15 Millionen Euro entstanden, sagt Peponis. Der 51-jährige Kapeleris war im vergangenen Jahr vom Chef der Behörde für die Verfolgung von Finanzverbrechen, der griechischen Steuerfahndung, zum Generalsekretär des Ministeriums aufgestiegen und dort für Steuern und Zölle zuständig. Am Montagabend musste er auf Druck des Finanzministers Evangelos Venizelos zurücktreten.

In 25 Dienstjahren hatte sich der Diplomvolkswirt Kapeleris vom kleinen Finanzbeamten hochgearbeitet. In Griechenland kennt fast jeder sein Gesicht. Denn als oberster Steuerfahnder machte der bullige Kapeleris mit allerlei originellen Ideen Schlagzeilen. Mal ließ er seine Fahnder mit Google Earth am Computer in den Athener Villenvororten und auf Schickeria-Inseln wie Mykonos nach nicht deklarierten Swimmingpools suchen, mal schickte er verdeckte Ermittler vor die Athener Nachtklubs, wo sie dokumentierten, wer dort in den Luxusautos vorfuhr – viele reiche Griechen haben ihre Porsche Cayenne und BMW X5 auf ausländische Briefkastenfirmen zugelassen, die eigens zum Zweck der Steuerhinterziehung gegründet wurden. „Ich weiß was läuft, ich kenne alle Tricks“, sagte der Kettenraucher Kapeleris damals – eine Äußerung, die heute für manche in ganz neuem Licht erscheint.

Jetzt geht es bei dem „Fall Kapeleris“ um eine in Griechenland gängige Betrugspraxis: Viele Tankstellenbesitzer verkaufen steuerbegünstigtes Heizöl als teuren Dieseltreibstoff. Die Differenz von bis zu 50 Cent pro Liter stecken sie in die eigene Tasche. Etwa 3500 Tankstellenbetreiber sollen in die unappetitliche Affäre verwickelt sein. Dass die von den Finanzbehörden verhängten Bußgelder nicht eingetrieben wurden, schiebt Kapeleris auf das Computersystem „Hephaistos“. Die nach dem antiken Gott des Feuers benannte EDV soll helfen, den Treibstoffhandel zu überwachen und derartige Betrügereien aufzudecken. Nach Aussage von Kapeleris funktioniert das System aber nicht. Das sagt auch der Verband der Tankstellenbetreiber. Jetzt soll die Justiz klären, was an den Vorwürfen gegen den Steuerbeamten Kapeleris dran ist.

Die Affäre ist ein Politikum. Steuerhinterziehung und Korruption sind Wurzeln der griechischen Schuldenkrise. Der Ankläger Peponis und ein weiterer Sonderstaatsanwalt für Steuervergehen, Spyros Mouzakitis, waren erst im vergangenen September eingesetzt worden, um große Steuersünder zur Strecke zu bringen. Vergangene Woche erklärten die Ankläger jedoch ihren Rücktritt, weil sie angeblich bei ihrer Arbeit behindert wurden. Dabei scheint es auch um die Ermittlungen gegen den Finanzbeamten Kapeleris gegangen zu sein. Nachdem der Finanz- und der Justizminister den Staatsanwälten versicherten, sie könnten ungehindert arbeiten, nahmen die beiden ihren Rücktritt zurück.

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