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Iglu-Studie: Arme Grundschüler haben kaum Chancen

Armutszeugnis für deutsche Grundschulen: Die Iglu-Studie belegt, dass der Unterschied zwischen einem reichen und weniger begüterten Elternhaus über das berufliche Schicksal der Kinder entscheidet. In einem Punkt können die deutschen Schüler glänzen.

Deutschlands Grundschüler können mit ihrer Leseleistung im weltweiten Vergleich gut mithalten. Bei der zweiten internationalen Iglu-Grundschulstudie belegten sie Rang elf unter 35 Nationen und zehn Regionen. Damit landeten die deutschen Viertklässler auf dem gleichen Platz wie beim ersten solchen Test 2001. Bei der Punktezahl zum Leseverständnis konnten sie etwas zulegen. Gleichzeitig wird die deutsche Schule aber sozial immer ungerechter. Dies geht aus der neuen Iglu-Untersuchung hervor.

Demnach fällt es Zehnjährigen aus der Oberschicht immer leichter, selbst bei weit unterdurchschnittlichen Leistungen eine Empfehlung ihrer Grundschule für den Besuch des Gymnasiums zu erhalten. Von einem Kind aus einem einfachen Arbeiterhaushalt dagegen werden dafür Spitzenleistungen verlangt. "Dieser Befund ist 2006 noch deutlicher als 2001 sichtbar", heißt es. Die umstrittene Schullaufbahnempfehlung der Grundschule hat seit dem deutschen Pisa-Schock 2001 in mehreren Bundesländern wieder erheblich an Bedeutung gewonnen.

Bei Iglu wird nicht nur das Lesevermögen selbst getestet, sondern vor allem die Fähigkeit, aus dem Gelesenen Schlüsse zu ziehen. In Deutschland wurde der Test im Frühjahr 2006 an 397 Schulen gemacht. Insgesamt nahmen daran 7900 Viertklässler teil.

Geringer Anteil an "Risikokindern"

Dabei schafft es die deutsche Grundschule laut Studie recht gut, am Ende der vierten Klasse insgesamt ein hohes Leseniveau zu erreichen. Der Anteil der "Risikokinder" wird mit 13,2 Prozent als "vergleichsweise gering" ausgewiesen. Gegenüber 2001 sank er. Nur Hongkong und die Niederlande haben einen noch geringeren Anteil. Beim Pisa-Test, der die Leistungen am Ende des zehnten Schuljahres misst - also bei 14- bis 15-Jährigen - gilt dagegen in Deutschland nahezu jeder vierte als "Risikoschüler" - mit erheblichen Problemen beim Berufseinstieg. Neue Pisa-Ergebnisse werden in der kommenden Woche vorliegen.

Deutsche Viertklässler haben Nase vorn

Mit einer Iglu-Gesamtleseleistung von 548 Punkten (2001: 539) liegt Deutschland im oberen Viertel der 45 Teilnehmer. In der EU schneiden die deutschen Viertklässler laut Angaben der Autoren am besten ab. Doch nur jeder zehnte (10,8 Prozent) gilt als Spitzenleser. "Das ist unbefriedigend", heißt es in der Studie. Internationale Spitzenreiter sind Russland (565 Punkte) und Hongkong (564), die Schlusslichter Marokko (323) und Südafrika (302).

In Deutschland haben Kinder aus "bildungsnahen Elternhäusern" mit 67 Punkten einen deutlichen Leistungsvorsprung vor Kindern aus "bildungsfernen" Familien. Laut Studie fällt dieser Vorsprung deutlich größer aus als im internationalen Mittel. Deutsche Kinder erzielen in der vierten Klasse bessere Leseleistungen als Kinder aus Migrantenfamilien. Allerdings hat sich hier seit 2001 der Abstand zwischen beiden Gruppen von 55 auf 48 Punkte verringert. In Frankreich beträgt er 35 Punkte, in Schweden 37, in England 48.

Vorschule fördert

In allen Teilnehmerstaaten lesen Mädchen besser als die Jungen. In Deutschland ist die Differenz mit sieben Punkten (Mädchen: 551 - Jungen: 544) jedoch vergleichsweise gering. In Schweden, Norwegen und England liegen die Mädchen fast 20 Punkte vor den Jungen. In Deutschland wie auch international erreichen die Kinder nach Besuch einer Vorschule eine höhere Lesekompetenz in der Grundschule.

In Deutschland gibt es weniger Viertklässler (14,2 Prozent), "die in ihrer Freizeit nie oder fast nie zum Spaß lesen" - als im weltweiten Schnitt (18,1 Prozent). Dagegen gilt "die leseförderliche Atmosphäre im Elternhaus" als geringfügig schlechter. (imo/dpa)

Internet: www.ifs.uni-dortmund.de

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