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Politik: Illegale Zuwandererung: Mit Schüssen gegen Flüchtlinge

Es schien zuerst nicht viel mehr als ein typisches Sommerloch-Thema, doch unversehens entwickelt sich nun in Italien eine hitzige Debatte auch unter hochrangigen Partei- und Regierungsvertretern: Ob man angesichts der ungebrochenen Anlandungen illegaler Zuwanderer nicht das eine oder andere Flüchtlingsboot einfach versenken solle. Schon vor einem Jahr war der Sekretär des Christlich-Demokratischen Zentrums, Pierferdinando Casini, mit diesem wenig christlichen Vorschlag hervorgetreten, hatte sich damals aber allseits und besonders vom Vatikan harte Abfuhren eingehandelt.

Es schien zuerst nicht viel mehr als ein typisches Sommerloch-Thema, doch unversehens entwickelt sich nun in Italien eine hitzige Debatte auch unter hochrangigen Partei- und Regierungsvertretern: Ob man angesichts der ungebrochenen Anlandungen illegaler Zuwanderer nicht das eine oder andere Flüchtlingsboot einfach versenken solle. Schon vor einem Jahr war der Sekretär des Christlich-Demokratischen Zentrums, Pierferdinando Casini, mit diesem wenig christlichen Vorschlag hervorgetreten, hatte sich damals aber allseits und besonders vom Vatikan harte Abfuhren eingehandelt.

Nun aber hat der Vorsitzende der Antimafia-Kommission des Parlaments, Giuseppe Lumia von den Linksdemokraten, die Diskussion erneut losgetreten mit seiner Forderung, die Menschenschleuser wie Mafiosi zu behandeln und notfalls von der Waffe Gebrauch zu machen - natürlich, wie er hinterherschob, erst, wenn die Flüchtlinge nicht mehr an Bord seien. Auslöser der Diskussion war der Tod eines Finanzbeamten, dessen Patrouillenboot von einem Schleuser-Flitzer frontal gerammt worden war.

Die Initiative Lumias glich einem Stich ins Wespennest, nur dass es schon nach kurzer Zeit kaum mehr darum ging, die Absurdität eines solchen Schießbefehls zu enthüllen, denn die Motorbootführer werden ab sofort natürlich auch bei der Rückfahrt ein paar Frauen und Kinder als Geiseln mitnehmen. Vielmehr wetteifern nun alle um die härtesten Ideen zum Todesschuss an der Adria. Die Ex-Neofaschisten der Nationalen Allianz sahen sich von der Linken rechts überholt und treten seither für eine noch präpotentere "europäische Lösung" mit einer eventuellen Task-Force der EU-Staaten ein; die Forza Italia Berlusconis beklagt, dass die Richtung zwar stimme, alles aber viel zu spät komme und man daher noch massiver vorgehen müsse (was immer das auch heißen mag).

Der Vorsitzende des Ausschusses zur Untersuchung von Attentaten, Giovanni Pellegrino, übertraf seinen Parteikollegen Lumia noch mit der Feststellung, dass nicht nur die Menschenschleuser Verbrecher seien, sondern auch die illegal Einreisenden Gesetze verletzten, weshalb man eigentlich beim Schießen auf sie gar keine Rücksicht nehmen müsse. Der frühere Ministerpräsident Giulio Andreotti steuerte den Vorschlag bei, die Adria-Gangster vom Helikopter aus zu beschießen, und Innenminister Enzo Bianco befand, zum gezielten Schuss gebe es doch jetzt schon genug gesetzliche Grundlagen. Nur wenige, wie der Chef der Unierten Republikaner Clemente Mastella, rügten den menschenverachtenden Charakter der Debatte als "besondere Schande für die Linke".

Regierungschef Giulio Amato hatte bereits vorige Woche mit der Regierung in Tirana verhandelt, um italienischen Grenzern die "nacheilende Verfolgung" von Schmugglern auf albanischem Hoheitsgebiet zu gestatten. Aber das kleine Balkanland sah damit seine eigene Souveränität zu sehr eingeschränkt. Mehr als das Versprechen, neue Gesetze zu verabschieden und die alten entschiedener durchzusetzen, kam dabei nicht heraus - was die Schießdiskussion möglicherweise noch lange über das Sommerloch hinaus am Leben halten wird.

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