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Politik: Im Visier der Terroristen

Dänemark, Italien und Polen sind enge Verbündete der USA im Irakkrieg. Auch sie fürchten nun Anschläge. Am größten ist die Angst bei den Menschen in Rom

Dänemark hat sich seit längerem auf eine erhöhte Terrorgefahr eingestellt. Viele Angestellte im öffentlichen Nahverkehr haben Sicherheitskurse des Geheimdienstes der Polizei besucht. Aber seit den Attentaten in London ist die Aufmerksamkeit und Nervosität auch aufgrund des möglichen Bekennerbriefes von Al Qaidas nochmal gewachsen. „Die Regierungen Dänemarks und Italiens und alle weiteren Kreuzfahrer-Regierungen“ würden aufgefordert, ihre Truppen aus dem Irak zurückzuziehen, hieß es darin, sonst würden sie die Ziele weiterer Anschläge.

Dänemark ist treuer Verbündeter der USA im Irakkrieg. US-Präsident George Bush hatte gerade erst am Dienstag seinen 59. Geburtstag in Kopenhagen gefeiert, gemeinsam mit der dänischen Königin Margrethe II. Die dänische Regierung erhöhte am Freitag die Alarmbereitschaft der Polizei, und begründete dies mit nicht näher erläuterten Geheimdienstberichten. Seit Donnerstag werden Reisende im öffentlichen Verkehr jede Stunde per Lautsprecherdurchsagen aufgefordert, zurückgelassene Gepäckstücke oder auffälliges Verhalten von Mitreisenden zu melden. Angestellte von Einkaufszentren, Vergnügungsparks und Sportanlagen sind zu erhöhter Aufmerksamkeit aufgefordert. Der Polizeischutz von Botschaften, Ministerien, Bahnhöfen und des Flughafens in Kopenhagen wurde verstärkt.

Der Irakeinsatz habe Dänemark zur Zielscheibe der Terroristen gemacht, sagte der Sicherheitsexperte Mikkel Vedby Rasmussen der Zeitung „Politiken“. Das Land müsse sich auf die Gefahr vorbereiten. Anja Dahlgaard Nielsen vom Institut für Internationale Studien sagte dagegen, „eine Aktion wie die in London braucht viel Vorbereitung und Ortskenntnis. Das Netzwerk der radikalen Islamisten ist aber in Dänemark viel schwächer als in Großbritannien“. Die Regierung schloss aus, die 500 dänischen Soldaten aus dem Irak abzuziehen. „Wir sind fest entschlossen, den Kampf gegen den Terrorismus fortzusetzen“, sagte Außenminister Per Stig Möller am Freitag.

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi schaute düster drein: „Auch wir riskieren einen Anschlag“, gestand er kurz nach den verheerenden Terror-Anschlägen in London. Schließlich sei sein Land ja an vorderster Front an „Friedensmissionen“ beteiligt, fügte er hinzu. Umgehend wurden die Sicherheitsvorkehrungen in den Metropolen verschärft, in den U-Bahnen in Rom, Mailand und Neapel wurde das Polizeiaufgebot verstärkt. „Wir müssen starke Nerven bewahren“, brachte es Innenminister Pisanu auf den Punkt. Doch bei den Menschen geht die Angst um. „Zuerst haben sie Spanien angegriffen, dann Großbritannien – und das letzte mit US-Präsident Bush eng befreundete Land ist eben Italien. Früher oder später sind wir auch dran“, sagte ein Passagier der Mailänder U-Bahn. Zudem fürchten von Padua bis Palermo viele Menschen, dass ihr Land als Sitz des Vatikans besonders gefährdet ist.

Zur erhöhten Wachsamkeit hat Polens Präsident Aleksander Kwasniewski am Freitag seine Landsleute aufgerufen. Im „kompromisslosen“ Kampf gegen den Terrorismus müssten die EU, die USA, die Nato und Russland ungeachtet aller sonstigen Meinungsunterschiede fest zusammenstehen, forderte der Staatschef. Einen Kurswechsel im Irak, wo Polen nach den USA und Großbritannien trotz mehrerer Ankündigungen eines Rückzugs nach wie vor das größte Truppenkontigent stellt, schloss Kwasniewski aus: „Es wäre angesichts des Anschlags in London schlecht, wenn Polen nun anfangen würde, sich unvorhersehbar zu verhalten.“

Obwohl die meisten Polen dem Irakengagement generell skeptisch oder ablehnend gegenüberstehen, hat der Anschlag in London an der Weichsel bislang keine neuen Debatten über dessen Sinn ausgelöst. Die meisten Polen zeigen sich bestürzt über die Opfer und vor allem um ihre eigenen Landsleute in London besorgt. Nach dem EU-Beitritt nutzen zehntausende Polen die Möglichkeit, legal in Großbritannien zu arbeiten.

Signale für geplante Anschläge in Polen gebe es nicht, versicherten am Freitag Sicherheitsbehörden und Politiker in Warschau. In der Metro und an den Flughäfen des Landes wurden die Sicherheitsvorkehrungen dennoch verschärft, die Polizei in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. (mit dpa)

Ole Martin Larsen[Kopenhagen], Thomas Roser[W]

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