zum Hauptinhalt

Im BLICK: Der Staat bin ich

Von allen seinen politischen Ämtern trete er zurück – so hatte es Karl-Theodor zu Guttenberg am Dienstag formuliert, und schnell stand die Frage im Raum: Schließt das auch sein Bundestagsmandat ein? Eigentlich sollte das keine Frage sein, denn theoretisch besteht schon ein Unterschied zwischen einem politischen Amt und einem politischen Mandat; das eine ist in der Regel der Exekutive zugeordnet und wird durch Ernennung verliehen, das andere ist der direkte Vertretungsauftrag durch das Volk, durch Wahlen bestimmt, der Legislative zugeordnet.

Von allen seinen politischen Ämtern trete er zurück – so hatte es Karl-Theodor zu Guttenberg am Dienstag formuliert, und schnell stand die Frage im Raum: Schließt das auch sein Bundestagsmandat ein? Eigentlich sollte das keine Frage sein, denn theoretisch besteht schon ein Unterschied zwischen einem politischen Amt und einem politischen Mandat; das eine ist in der Regel der Exekutive zugeordnet und wird durch Ernennung verliehen, das andere ist der direkte Vertretungsauftrag durch das Volk, durch Wahlen bestimmt, der Legislative zugeordnet. Zwei Tage dauerte die Irritation.

In der politischen Wirklichkeit aber scheint es keine Definitionsfrage mehr zu sein. Das Mandat wird von Berufspolitikern mittlerweile als Amt aufgefasst, und zwar nicht als eine Art Ehrenamt, vom Volk verliehen, auf Zeit und in seinem Dienste, sondern nüchtern als Staatsamt. Der moderne Parlamentsabgeordnete empfindet sich als eine eigene Art Staatsbeamter, seine Idealvorstellung ist häufig genug auch die Bestallung auf Lebenszeit. Für den Fall, dass das nicht klappt, gibt es aber andere Ämter und Posten im Staatsapparat, zur Not tut es eine Lottogesellschaft oder eine Staatsbrauerei. Es ist die Sichtweise einer professionellen Elite, oft technokratisch orientiert und meist parteipolitisch rekrutiert, die Politik als Staatsmanagement auffasst, das man, je länger man dabei ist und je mehr klassische Staatsämter man innegehabt hat, umso besser zu erledigen imstande ist. Das Mandat dafür holt man sich im regelmäßig zu absolvierenden Wahlakt, gewiss nicht ohne Risiko, aber es lässt sich minimieren. Im Übrigen ist nach deutschem Parlamentarismusverständnis das Mandat auch gar nicht entscheidend für das politische Regierungsamt, wie die stattliche Reihe von Bundesministern ohne Bundestagssitz in den letzten Jahren gezeigt hat. Selbst die Abwahl als Ministerpräsident gilt nicht als Hinderungsgrund für die umgehende Fortsetzung der Karriere auf Bundesebene.

Die Verwandlung der Abgeordneten in Quasi-Staatsdiener zeigt sich auch in deren Selbsteinstufung beim Einkommen. Das orientiert sich an Bundesrichtern, also Beamten, auch wenn die laufende Anpassung gelegentlich misslingt, weil man sie als nicht vermittelbar erachtet. Ministergehälter orientieren sich ebenfalls an Einkommen im öffentlichen Dienst, denn der Minister ist nach deutschem Verständnis ja der oberste Beamte im Ministerium. Ist es da Zufall, dass man bei Politikern, die neu in ein Ministeramt gelangen, häufig schnell bemerkt, dass sie die Denkweise des Apparats übernehmen, den sie eigentlich, im Auftrag des Volkes und zu dessen Nutzen, lenken sollen? Die steuerfreie Kostenpauschale samt einiger kleiner Vergünstigungen für die Bundestagsabgeordneten übrigens heißt im Abgeordnetengesetz ganz folgerichtig: Amtsausstattung.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false