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Im BLICK: Ein Kabinett für alle!

Ein Bundeskabinett zusammenzubasteln mag man sich in etwa so vorstellen, wie die Statistiker den Warenkorb der Bevölkerung ermitteln: Brot und Butter muss hinein, Spülmittel und Klopapier – alles in den Portionen, dass die in Wanzleben und die in Stuttgart mit ihrem Bedarf hinreichend erfasst sind. In ein Bundeskabinett gehören, angemessen portioniert: Parteizugehörigkeit, landsmannschaftliche Herkunft, Geschlechterquote, Alterspyramide, berufsständische Herkunft, der Wer-ist-dran-Faktor, der Wer-muss-versorgt-werden-Faktor, der Wer-kann-mit-der-Kanzlerin-Faktor, der Eignungsfaktor.

Von Matthias Schlegel

Ein Bundeskabinett zusammenzubasteln mag man sich in etwa so vorstellen, wie die Statistiker den Warenkorb der Bevölkerung ermitteln: Brot und Butter muss hinein, Spülmittel und Klopapier – alles in den Portionen, dass die in Wanzleben und die in Stuttgart mit ihrem Bedarf hinreichend erfasst sind. In ein Bundeskabinett gehören, angemessen portioniert: Parteizugehörigkeit, landsmannschaftliche Herkunft, Geschlechterquote, Alterspyramide, berufsständische Herkunft, der Wer-ist-dran-Faktor, der Wer-muss-versorgt-werden-Faktor, der Wer-kann-mit-der-Kanzlerin-Faktor, der Eignungsfaktor.

So gesehen wird es nie ein ideales Kabinett geben: Wenn der Parteienproporz gewahrt ist, die Geschlechterquote einigermaßen stimmt, die Versorgungsfälle versorgt sind und auch nicht zu viele Alte im Kabinett auftauchen, bleibt am Ende der Wer-ist-dran-Bosbach übrig. Zum Beispiel. Oder es entsteht, im anderen Fall, die fatale Situation, dass ein Kandidat mit schier unerfüllbaren Kriterien gesucht wird: Weibliches FDP-Mitglied unter 35 aus dem Saarland mit nichtjuristischem Berufshintergrund etwa.

Doch Spaß beiseite. Derzeit regt sich Unmut, weil kein Ostdeutscher am Ministertisch sitzt. Dass Angela Merkel als Kanzlerin allein mindestens ein gefühltes Zwei-Drittel-Ost-Kabinett verkörpert, zählt nicht. Denn bisher saß dort seit 1990 immer ein Minister mit Ost-Herkunft, auch im vormaligen Kabinett Merkels, der hieß Wolfgang Tiefensee. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr des Mauerfalls gehen die Ostdeutschen leer aus. Einige Ost-CDUler sollen deshalb der Kanzlerin bei der Wahl im Bundestag die Stimme verweigert haben.

Elf Bundesminister hat Ostdeutschland seit 1990 hervorgebracht. Schon nach einem Jahr, nach der ersten gesamtdeutschen Wahl, waren Hans-Joachim Walther von der DSU und Sabine Bergmann-Pohl von der CDU wieder weg. Der Name Lothar de Maizière ist als letzter DDR-Ministerpräsident, nicht aber als Minister im Kabinett Kohl präsent. Wer kennt noch Forschungsminister Paul Krüger von der CDU, Minister Rainer Ortleb von der FDP, die christdemokratische Sozialministerin Claudia Nolte? Eher schon den skandalumwitterten Günther Krause. Oder, weil es noch frischer ist, die sozialdemokratische Ministerin Christine Bergmann. Und Manfred Stolpe, ebenfalls SPD, sowieso. Nicht zu vergessen Angela Merkel selbst, Frauen- beziehungsweise Umweltministerin zwischen 1991 und 1998.

In der Tat hat das Argument etwas für sich, dass die ostdeutsche CDU-Landesgruppe genauso groß ist wie die nordrhein-westfälische oder die der bayerischen CSU, die bei der Postenverteilung besser weggekommen sind. Aber wenn die ewigen Ost-West-Vorurteile wegsollen, dann sollte man einfach einmal klaglos über das Thema hinweggehen. Das Ministerium für Symbolik gibt es nicht. Und dass der Osten verkümmert, nur weil seine Belange beim westdeutschen Thomas de Maizière im Innenministerium angesiedelt sind, ist Unsinn. Erstens kennt dieser Westdeutsche die Probleme im Osten besser als die meisten Ostdeutschen. Zweitens haben es die Länder selbst in der Hand, wie die Bundespolitik ihre Interessen vertritt: im Bundesrat. Und die Regierungschefs in den neuen Ländern sind, bis auf einen, Ostdeutsche.

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