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Impfkampagne: Rösler beruft Schweinegrippe-Treffen ein

Kurz nach dem Start der Impfaktion gegen die Schweinegrippe gibt es in ersten Ländern Engpässe. Der Gesundheitsminister will deshalb mit seinen Länderkollegen nach Abhilfe suchen.

Philipp Rösler hat die Gesundheitsminister der Länder für Mittwoch zum Gespräch über die Impfungen gegen die Schweinegrippe nach Berlin eingeladen. Bereits am Montag soll es eine Telefon-Konferenz zum Thema geben. "Ich möchte mich bei meinen Länderkollegen über ihre Erfahrungen vor Ort informieren, um herauszubekommen, wo es mögliche Schwachstellen z.B. bei der Versorgung mit Impfstoff geben könnte", sagte Rösler der Bild-Zeitung.

Als Ziel nannte Rösler, gemeinsam mit den zuständigen Ländern für den bestmöglichen Schutz der Bevölkerung zu sorgen. "Schritt für Schritt werden die Bürger geimpft. Wie die Experten empfehlen, werden zuerst das Gesundheitspersonal und chronisch Kranke geimpft. Dann jeder, der will."

Umfragen zeigen indes, dass die meisten Deutschen der Impfung gegen die Schweinegrippe nach wie vor skeptisch gegenüber stehen. Im ARD-Deutschlandgtrend gaben 62 Prozent der Befragten an, sich "wahrscheinlich nicht" oder "auf gar keinen Fall" gegen das neue H1N1-Virus impfen zu lassen. Die Zahl derer, die sich "auf jeden Fall" schützen will, stieg im Vergleich zum Vormonat um 2 Prozentpunkte auf 14 Prozent. 20 Prozent wollen dies "wahrscheinlich" tun.

Die Impfbereitschaft scheint mit der Zahl der Todesfälle zu steigen. Am Freitag wurde bekannt, dass in Deutschland ein zweiter Mensch an der Schweinegrippe gestorben ist, der keinerlei bekannte Vorerkrankungen hatte. Todesursache bei dem 40-Jährigen Berliner war nach offiziellen Angaben eine von dem neuen H1N1-Virus ausgelöste Lungenentzündung. Der Mann war bereits am Montag gestorben. Insgesamt gibt es bislang neun Todesfälle durch den Virus und rund 30.000 Erkrankte in Deutschland.

Die Impfaktionen der Länder sind inzwischen angelaufen. Trotz der Skepsis, ist der Impfstoff in vielen Regionen bereits Mangelware. In Bayern, dem Bundesland mit der höchsten Zahl an bestätigten Fällen von Schweinegrippe, haben etliche Praxen nicht genug Serum vorrätig. Ärzte müssen Patienten deshalb oft wieder wegschicken.

Engpässe meldet auch Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. In einigen Praxen ist der Impfstoff wegen des großen Andrangs bereits komplett aufgebraucht. Probleme gibt es auch in Rheinland-Pfalz. "Der Impfstoff kam deutlich später als gedacht. Wir sind hinter dem Zeitplan", heißt es beim Landes-Hausärzteverband. Im benachbarten Hessen beträgt die durchschnittliche Wartezeit etwa eine Woche. Dort kann sich inzwischen jeder impfen lassen. Es gibt dort aber auch durchaus Praxen, die auf Patienten warten.

In den Berliner Gesundheitsämtern und bei Hausärzten laufen die Telefone heiß. Im größeren Ausmaß wird in der Hauptstadt aber erst von diesem Montag an geimpft. Die bundesweit 41.000 Angehörigen der Bundespolizei müssen der Rhein-Zeitung länger auf ihre Spritze warten, da es bei der Auslieferung zu Verzögerungen gekommen sei. Gefährdete Berufsgruppen wie Krankenschwestern und Polizisten können sich dort schon seit 26. Oktober spritzen lassen, seit einigen Tagen darf auch "Otto Normalverbraucher". In Thüringen beginnen die niedergelassenen Ärzte in der kommenden Woche mit der Impfung der Bevölkerung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ sich nach einem Bericht der Bild-Zeitung bereits bei ihrem Hausarzt mit Pandemrix impfen. Sie bekam dem Impfstoff, der allen Bürgern zur Verfügung steht.

Sorge vor Ansteckung im Karneval

Vor Beginn der Karnevalssaison am 11.11. warnte derweil der Leiter des Instituts für Virologie an der Uniklinik Köln, Prof. Herbert Pfister, vor einem erhöhten Schweinegrippe-Risiko bei Großveranstaltungen. "Man wäre eigentlich gut beraten, wenn man in diesen Zeiten solche Massenveranstaltungen meidet", sagte Pfister. Dies gelte vor allem für Menschen, die zu gefährdeten Gruppen gehören, etwa chronisch Kranke, Patienten mit Immunschwäche sowie Schwangere. "Denen würde ich wirklich nicht empfehlen, sich am 11.11. in den Trubel zu stellen."

Der Wissenschaftler hält es nicht für erforderlich, dass die Karnevals-Jecken einen Mundschutz tragen. Wichtig sei es aber, die üblichen Hygienetipps zu beachten, sich also zum Beispiel häufiger die Hände zu waschen. "Und man sollte möglichst nur aus seinem Kölsch-Glas trinken und nicht aus dem des Nachbarn." Unbestreitbar sei die Schweinegrippe derzeit deutlich auf dem Vormarsch, sagte Pfister. Die Zahl der positiven Befunde, die im Institut für Virologie in den vergangenen Tagen ermittelt wurden, habe sich im Vergleich zur Vorwoche versechsfacht. "Die Ausbreitung ist massiv." Das Virus verbreitet sich über Tröpfcheninfektion.

Weltweit sind nach Angaben der Europäischen Seuchenbehörde ECDC bislang rund 6400 Menschen im Zusammenhang mit der Schweinegrippe gestorben. Darunter waren 1368 in Brasilien, 1004 in den USA und 154 in Großbritannien. In Bulgarien ist wegen der Ausbreitung des Virus am Freitag eine landesweite Epidemie ausgerufen worden. Schulen sollen in der kommenden Woche geschlossen bleiben. Sechs Menschen sind in dem Balkanland bereits an der Grippe gestorben.

Die ECDC verweist besonders auf die fatale Situation in der Ukraine. Wegen der besonders schweren Grippewelle in dem krisengeschüttelten Land bat die Weltgesundheitsorganisation WHO die internationale Gemeinschaft um Hilfe. Die Ukraine brauche dringend Medikamente, medizinisches Personal und Diagnosemittel, sagte der Leiter der seit Wochenbeginn dort tätigen WHO-Delegation, Jukka Pukkila, am Freitag in Kiew. Bei 47 Toten sei das Virus nachgewiesen worden, sagte er weiter. Nach WHO-Schätzungen ist die Zahl der Grippe-Infizierten in der Ukraine inzwischen auf mehr rund 763.000 gestiegen. Das Land hat allerdings kein Geld für die teuren Tests, um die Schweinegrippe von der saisonalen Grippe zu unterscheiden.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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