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Ein Flüchtlingsjunge steht in München in der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in einer Messehalle.

© dpa

Flüchtlinge: In München ist kein Bett mehr frei

Münchens Behörden und Politiker fordern Entlastung bei der Flüchtlingshilfe. Seit Samstag kommen nahezu ununterbrochen Asylsuchende auf dem Hauptbahnhof an.

Den dritten Tag hintereinander gleichen sich die Szenen am Münchner Hauptbahnhof: Fast unablässig strömen Flüchtlinge, die aus Ungarn und Österreich kommen, aus den Zügen. Nach ihren eigenen Angaben stammen praktisch alle aus Syrien. Die Polizei leitet sie in einen großen abgesperrten Bereich, dort gibt es einen Medizin-Check und von den vielen freiwilligen Helfern eine Erstversorgung mit warmer Kleidung, Nahrung und Getränken. Dann geht es in eine Notunterkunft in der Stadt oder gleich weiter an andere Orte in Bayern und Deutschland. Seit Samstag läuft dieses Hilfs-Uhrwerk nahezu ununterbrochen. An diesem Montagmittag, so steht es am Stand der Helfer, werden Pampers gebraucht, sowie Freiwillige für die Betreuung in der Nacht gesucht.

"Das kann nicht noch Wochen so weitergehen", sagt der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) vor Ort in der Bahnhofshalle. Die Stadt ist am absoluten Limit. Der oberbayerische Regierungspräsident Christoph Hillenbrand (CSU) ergänzt: "Wir sind an der Kapazitätsgrenze." In der Nacht zum Montag wurden noch einmal neue Schlafplätze "herbeigezaubert", wie Reiter es bezeichnet. Doch nun, da sind sich die beiden einig, gibt es in München kein freies Bett mehr für Flüchtlinge. Das bedeutet: Es müssen so viele von ihnen weitergeleitet werden wie neu ankommen. Oder aber die Flüchtlinge sollten, das ist Hillenbrands Ziel, gleich weitergebracht werden. Zudem bemühen sich die Verantwortlichen, dass Züge München gar nicht erst ansteuern, sondern anderswohin fahren. Dennoch geht vor Ort immer noch alles sehr geordnet, freundlich, ja ein Stück weit gelassen vonstatten. 

Der Münchner Hauptbahnhof ist das Drehkreuz für nahezu alle Flüchtlinge

Der Münchner Hauptbahnhof ist zum Drehkreuz für nahezu alle Flüchtlinge geworden. Deshalb verlangen die Stadt und der Freistaat Bayern nun gemeinsam, dass in Deutschland mindestens ein weiteres "Drehkreuz" entstehen soll, wohin neu ankommende Flüchtlinge erst einmal gebracht werden. Dieses sollte, so die Vorstellung, in Leipzig sein. "Die anderen Bundesländer müssen  nun ihre Solidarität dokumentieren", so Reiter.

Allein schon die Zahlen der Flüchtlinge, die in diesen Tagen durch den Hauptbahnhof geschleust wurden, sind extrem: Am Samstag waren es 7000, am Sonntag 13 000, für den Montag wurden 10 000 erwartet. Wie lange lässt sich das noch durchhalten, wann bricht die Organisation zusammen? Da hält sich der OB bedeckt, gegenüber unserer Zeitung sagt er: "Bisher haben wir es geschafft." Und: "Wir kommen unserem Hilfsauftrag nach." Ohne die freiwilligen Helfer wäre das aber "unmöglich". Der OB ist stolz auf seine Münchner: "Wenn wir nachts Isomatten und Decken brauchen, dann sind die in zehn Minuten da." Seiner Ansicht nach hat die Stadt in diesen Tagen "auf positive Weise Geschichte geschrieben".

Stärkere Unterstützung aus anderen Bundesländern und vom Bund ist seit Montag spürbar. Busse und Züge werden organisiert für die Weiterführung der Menschen. Schon am Morgen hatte der Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel bei Reiter angerufen und Hilfe angeboten, ebenso der bayerische Bahn-Chef Klaus-Dieter Josel. In der Nacht zum Montag waren Züge kurzfristig als Übernachtungsplätze zur Verfügung gestellt, aber dann nicht gebraucht worden.

Die weitere Entwicklung ist unkalkulierbar, das haben Reiter und Hillenbrand in den vergangenen Tagen gelernt. Am Sonntagmittag etwa war man von 4000 Flüchtlingen bis Mitternacht ausgegangen, daraus sind schließlich 13 000 geworden. Von diesen sind, so sagt Hillenbrand, 8000 vorläufig in München geblieben. 3000 wurden in andere bayerische Städte gebracht und 2000 in andere Bundesländer. "Wir haben nur sehr kurze Vorlaufzeiten", meint der Regierungspräsident. Startet ein Zug in Salzburg, so sind es eineinhalb Stunden, bis die Menschen da sind. Von Wien aus vier und von Budapest sechs Stunden. Und auch dann wisse man nicht, wie viele Flüchtlinge in den Zügen seien und wie viele in München ausstiegen. 

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