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Politik: In Spanien werden die Zweifel am Irak-Einsatz lauter

Madrid hat bei dem Anschlag sein gesamtes Geheimdienst-Team verloren / Japan will trotz der Toten mehr Soldaten schicken

DER KONFLIKT IM IRAK

Madrid/Tokio . Spaniens konservative Regierung unter Premierminister Jose Maria Aznar gerät nach dem Anschlag auf acht spanische Geheimdienstmitarbeiter im Irak zunehmend unter Druck. Sowohl die Medien als auch die Opposition äußern erhebliche Zweifel an dem Einsatz im Irak; Spanien hat rund 1300 Soldaten vor Ort. Laut einer Umfrage gehen 85 Prozent der Spanier auf Distanz zum Amerikatreuen Irakkurs von Aznar und stimmen der Aussage zu: „Der Krieg gegen den Irak hat sich nicht gelohnt.“ Die Stimmung in Spanien dürfte noch mehr kippen, nachdem am Sonntag die Särge der sieben Geheimdienstmitarbeiter auf dem Militärflughafen Torrejon nahe der Hauptstadt Madrid ankamen.

Es ist der höchste Blutzoll, den Spanien bisher im Irak bezahlen musste. Im August war bei dem Bombenattentat auf das UN-Hauptquartier bereits ein spanischer Diplomat umgekommen. Vor sieben Wochen war ein spanischer Agent des „Centro Nacional de Intelegencia“ (CNI) in Bagdad erschossen worden. Mit dem Anschlag vom Samstag aber verliert Spanien praktisch sein gesamtes Geheimdienst-Team im Irak. Die Agenten hatten den Auftrag, ein Netz von Kontaktleuten aufzubauen. Als Schwerpunkt galt dabei die südlich von Bagdad liegende Provinz Diwanija, die von Spaniens Soldaten kontrolliert wird. Die Geheimdienstmitarbeiter waren in zwei auffälligen weißen und neuen Geländefahrzeugen im Konvoi unterwegs, offenbar ohne größere Sicherheitsvorkehrungen.

Spaniens Regierung reagierte schockiert auf die Nachricht. Ein Krisenkabinett trat zusammen. Der Anschlag werde Spanien nicht davon abhalten, seine „Verpflichtung mit dem irakischen Volk zu erfüllen“, sagte Mariano Rajoy, der von Aznar zum Nachfolger als Parteichef bestimmt worden ist. Und Aznar selbst stellte am Sonntag klar: „Ein Rückzug wäre der schlechteste aller möglichen Wege.“ Die Präsenz der spanischen Streitkräfte im Irak habe „einen Sinn“, sie sei notwendig für den Kampf gegen „Terroristen“.

So entschlossen wie es klingt, ist Spaniens politische Führung jedoch nicht mehr. Fast das gesamte diplomatische Personal im Irak wurde in den vergangenen Wochen abgezogen. Die spanische Fahne in Bagdad über dem Botschaftsgebäude wurde eingerollt, Schilder und Wappen abgeschraubt. Die Angst, die Treue zu den USA mit weiteren Opfern bezahlen zu müssen, wird täglich größer.

Auch Japans Ministerpräsident Junichiro Koizumi erklärte, sein Land werde sich nicht einschüchtern lassen und weiter am Wiederaufbau des Irak teilnehmen. Der Anschlag auf die beiden japanischen Diplomaten könnte jedoch den Widerstand in der japanischen Bevölkerung gegen die von Koizumi versprochene Entsendung japanischer Soldaten in den Irak verstärken. Der 45-jährige Katsuhiko Oku und sein 30-jähriger Kollege Masamori Inoue waren am Samstag auf dem Weg von Bagdad in die nordirakische Stadt Tikrit von unbekannten Tätern erschossen worden. Sie sind die ersten japanischen Toten im Irak-Konflikt. Beide hatten an einer Konferenz über den Wiederaufbau des Landes teilnehmen wollen. Medienberichten zufolge hatten sie ihr leicht gepanzertes Fahrzeug verlassen, um Verpflegung zu besorgen, als sie von mehreren Tätern beschossen wurden.

Beobachter vermuten, die schon nach dem Selbstmordanschlag gegen italienische Truppen im Südirak verschobene Entsendung von etwa 550 japanischen Bau- und Sanitätssoldaten könnte nun erneut hinausgezögert werden. In allen Meinungsumfragen hatte sich schon bisher die Mehrheit der Japaner gegen den Truppeneinsatz ausgesprochen. Ein Oppositionsführer verlangte am Sonntag eine Sondersitzung des Parlaments, um über Japans künftige Rolle im Irak zu debattieren. Henrik Bork/ Ralph Schulze

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