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Mit einem im TV übertragenen Gebet am Ganges machte Modi deutlich, dass er seine religiösen Überzeugungen auch weiterhin in die Politik einbringen will.

© AFP

Indien: Auf Kuschelkurs mit Modi

Indiens Wahlsieger galt in den USA und anderen Staaten lange als geächtet. Nun muss sich der Westen mit ihm arrangieren. Auch US-Präsident Obama umwirbt den designierten Premier.

Fast schien es, als sei eine Riesenlast von ihm abgefallen. Kurz umspielte sogar ein Lächeln seine Lippen, als er vor die Kameras trat und die Verantwortung für das Wahlfiasko übernahm. Dabei ist „Kronprinz“ Rahul Gandhi der große Verlierer von Indiens Wahlen. Fast unisono lasten ihm die Medien das historische Debakel an, das die altehrwürdige Kongresspartei der Gandhis auf 44 Sitze dezimierte. „Die Gandhis sollten zurücktreten“, schrieb der „Indian Express“ bereits in einem Kommentar.

Modi rüstet sich für den Machtwechsel

Auch am Wochenende war Indien noch dabei, das erdbebengleiche Ausmaß der politischen Umwälzungen bei den Wahlen zu verarbeiten. Mit 282 der 543 Sitze hatte der Populist Narendra Modi mit seiner rechtsnationalistischen Hindu-Partei BJP den größten Wahlsieg seit 30 Jahren eingefahren und kann alleine regieren. Modi bereitete bereits alles für den Machtwechsel vor. Am Sonntag traf er sich mit den Spitzen der BJP, um über die Regierungsbesetzung zu beraten.

Der Westen muss sich mit dem Wahlergebnis arrangieren

Auch der Westen muss sich mit dem Aufstieg Modis zum Regierungschef Indiens noch arrangieren. Seit unter Modis Regierung im Bundesstaat Gujarat im Frühjahr 2002 Hindu-Fanatiker mehr als 1000 Muslime abmetzelten, war der Hindunationalist in westlichen Machtzentren eine Persona non grata. Die USA und andere Weststaaten verweigerten ihm ein Visum. Nun streckten die USA Modi umgehend die Hand zur Versöhnung aus. Kaum stand sein Wahlsieg fest, lud US-Präsident Barack Obama ihn bereits nach Washington ein. Auch Regierungschefs anderer Staaten beeilten sich, Indiens neuem starken Mann zu gratulieren. Aber vor allem Washington hat Boden gutzumachen. Die USA seien sich „schmerzhaft bewusst, dass sie im Hintertreffen sind, weil sie keine Beziehung zu Modi aufgebaut haben”, zitierte die Agentur AFP Milan Vaishnav von der Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace. Anders als die USA hatten die europäischen Botschafter in Delhi, darunter der deutsche Michael Steiner, bereits im vergangenen Jahr erste Gespräche mit Modi geführt.

Indien ist ein Schlüsselpartner in Asien

Für den Westen ist Indien ein Schlüsselpartner in Asien. Zum einen sieht Washington Indien als Gegengewicht zu China. Zum anderen ist das Land mit seinen 1,2 Milliarden Menschen ein riesiger Zukunftsmarkt. Seit langem drängen die USA, dass Indien Supermarktgiganten wie Walmart & Co. seine Tore öffnet. Zugleich fordert der Westen, dass das Land die Patente westlicher Pharmafirmen respektiert. Ob Modi dem Westen hier entgegenkommt, wird davon abhängen, ob er glaubt, dass diese Schritte im Sinne Indiens sind. „India first“ (Indien zuerst) hat er zur Losung ausgegeben. „Wir versprechen, ein Indien aufzubauen, das stark ist, Respekt abverlangt und nicht auf Hilfe von außen angewiesen ist“, sagte BJP-Chef Rajnath Singh.

Die Analysten erwarten von Modi Kontinuität

Trotz möglicher Animositäten erwarten Analysten aber keinen entscheidenden Kurswechsel unter Modi. Die BJP hatte zuletzt von 1998 bis 2004 Indien regiert. Der damalige BJP-Premierminister Atal Behari Vajpayee hatte nicht nur den Friedensprozess mit Pakistan initiiert, sondern auch die Beziehungen zu den USA ausgebaut. Modi gilt als Pragmatiker, der Indiens Wirtschaft wiederbeleben will. Da könne er sich keine persönlichen Rachegefühle leisten, meinen Analysten.

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