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Politik: Indien leistet Entwicklungshilfe – in Deutschland

Organisation Ashoka hilft beim Start sozialer Unternehmen

Deutschland braucht Hilfe zur Selbsthilfe. Davon ist die in Indien gegründete Organisation Ashoka überzeugt. Deshalb hat sie vor kurzem ein Büro in Deutschland eröffnet, um Unternehmer mit sozialen Geschäftsideen zu fördern. Konstanze Frischen, Direktorin der deutschen Niederlassung, beschreibt die Methode so: „Ashoka fördert nicht Projekte, sondern die Köpfe dahinter.“

Begonnen hat das Ganze vor 23 Jahren in Indien. Bill Drayton, damals beim Beratungsunternehmen McKinsey beschäftigt, fragte sich, warum so viel Geld in der Entwicklungshilfe nutzlos versickert. Seine Antwort: Die sozialen Dienste sind nicht professionell genug. Deshalb entschied sich Drayton 1980 mit 50 000 zusammengeliehenen US-Dollar daran etwas zu ändern. Inzwischen hat Ashoka 1300 Stipendiaten in 44 Ländern gefördert und weist eine Erfolgsbilanz auf, von der Risiko-Kapital-Gesellschaften nur träumen. 97 Prozent der geförderten Stipendiaten sind auch fünf Jahre nach der Aufnahme in das Programm noch dabei.

Danach tragen sich die Projekte entweder selbst oder die Stipendiaten haben genügend Spenden aufgetrieben. Konstanze Frischen weiß: „Manchmal versagt der Markt. Es gibt soziale Dienstleistungen, die sich niemals selbst tragen werden.“ Auf jeden Fall bekommen die ausgewählten Stipendiaten alle Hilfe, die auch ein kommerzieller Unternehmer bekäme. Ashoka unterstützt sie bei der Formulierung des Business-Plans, stellt Kontakte zu anderen Stipendiaten her oder hält ihnen mit einer persönlichen Förderung von bis zu drei Jahren den Rücken frei, ihre Idee umzusetzen. Solche soziale Tatkraft brauche Deutschland dringend, sagt Frischen. Im Herbst soll zum ersten Mal ein Auswahlverfahren für Deutschland stattfinden. Die Ansprüche sind hoch: Die Idee muss neu sein. Zudem muss der Sozial-Unternehmer, wenn nötig, bereit sein, jahrelang für die Umsetzung zu kämpfen. Zudem muss sie das Potenzial haben, ein gesellschaftliches Problem zu lösen. Vor allem müssen die Stipendiaten vertrauenswürdig sein.

Konstanze Frischen berichtet, dass solche Sozial-Unternehmer eine Menge erreichen können. Zum Beispiel Fabio Rosa, der die Elektrifizierung der brasilianischen Stadt Palmares ermöglicht hat. Statt Betonpfeilern nutzte er billigere Holzpfeiler, zum Teil verlegte er die Kupferkabel sogar über Bäume. Außerdem spannte Rosa die örtliche Bevölkerung beim Bau der Stromleitungen ein. Statt 7000 Dollar pro angeschlossener Einheit, kostete die Elektrifizierung nur noch 400 Dollar. Die Bauern bohrten in der wasserreichen Region eigene Brunnen. Sie erhöhten die Produktivität ihrer Landwirtschaft und verbesserten ihren Lebensstandard beträchtlich. Inzwischen sind rund 30 Prozent der in die Slums größerer Städte gezogenen Bauern zurückgekommen.

Doch nicht nur in Entwicklungsländern mangelt es an wirkungsvollen Ideen. Als Ashoka vor zwei Jahren in die USA ging, war J. B. Schramm einer der ersten Stipendiaten. Er hatte festgestellt, dass kaum Kinder aus Familien mit einem mittleren Einkommen studieren, obwohl sie gute Noten hatten. Schramm organisierte Schnuppertage an den Universitäten, beriet die Schüler bei Bewerbungen. Das Ergebnis: 75 Prozent mehr Kinder aus der unteren Mittelschicht studieren, der Ruf ihrer Schulen verbessert sich und damit auch die Aufstiegschancen dieser Jugendlichen. Auf solche Ideen hofft Frischen auch in Deutschland: „Soziale Veränderungen sind nicht nur Sache des Staates.“

Weitere Informationen im Internet:

germany.ashoka.org

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