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Innere Sicherheit: Begeht die Regierung "Wortbruch"?

Die Polizei soll zur Bekämpfung von Straftaten leichteren Zugang zu digitalen Passbildern erhalten. Der Online-Zugriff auf gespeicherte Fotos der Bürger soll per Gesetz ermöglicht werden. Bisher war die Regierung gegen eine "zentrale Referenzdatei".

Berlin - Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisierte die Pläne als "Wortbruch". Diskutiert wird noch darüber, ob Fingerabdrücke dauerhaft bei den Meldeämtern gespeichert werden. Die SPD lehnt eine solche "Vorratsdatei" ab. Ursprünglich war eine automatische Abfrage nur für Verkehrsordnungswidrigkeiten geplant.

Auf Wunsch des Bundesrats soll der Online-Zugriff auf Straftaten ausgedehnt werden. Betroffen von der geplanten Neuregelung sind alle Inhaber der seit Ende 2005 ausgegebenen biometrischen Reisepässe. Bereits jetzt werden nach Angaben der Ministeriumssprecherin Lichtbilder und Passdaten in den dezentralen Passregistern der Kommunen gespeichert. Die Daten würden derzeit per Fax an Polizei- und Ordnungsbehörden übermittelt, einen automatisierten Zugriff gebe es noch nicht.

"Keine zentrale Referenzdatei"?

Schaar kritisierte den geplanten erleichterten Polizeizugriff auf Passfotos scharf. Die Bundesregierung habe bei der Einführung der digitalisierten Fotos "hoch und heilig versprochen, es gibt keine zentrale Referenzdatei", sagte er im Saarländischen Rundfunk. "Heute kommt man auf dem Umweg der Vernetzung der Pass- und Personalausweisregister zu genau demselben Ergebnis." Dem Sender N24 sagte Schaar, es gebe in Deutschland "immer mehr Überwachung". Die Tendenz gehe "in Richtung einer staatlichen weitgehenden Rundum-Kontrolle". Damit gehe "scheibchenweise Freiheit verloren".

Der oberste Datenschützer warnte davor, dass den Sicherheitsbehörden langfristig auch der Zugriff auf Fingerabdrücke und Daten aus der Videoüberwachung ermöglicht werden könnte: "Dann hat man in Zukunft eine vollständige erkennungsdienstliche Datei der gesamten Bevölkerung". In Deutschland wurde im November 2005 der Reisepass mit biometrischen Daten eingeführt. In den Pässen wird zunächst nur ein digitales Foto mit den Gesichtsmerkmalen des Passinhabers gespeichert. Ab November 2007 werden in neuen Pässen zusätzlich zwei Fingerabdrücke gespeichert. Seit März läuft zur Speicherung von Fingerabdrücken eine Testphase in einigen Kommunen.

Umgang mit Fingerabdrücken noch offen

Zur Diskussion um den Umgang mit Fingerabdrücken sagte die Ministeriumssprecherin, im Gesetzentwurf der Bundesregierung stehe, dass diese nur im Pass gespeichert werden sollten und nicht dauerhaft im Passregister. Sie gehe davon aus, dass das politische Verfahren bis zum Sommer abgeschlossen sei. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte dem Sender n-tv mit Blick auf die geplante Neuregelung für Passbilder, es mache "nun wirklich in der Sache keinen Unterschied", ob ein Foto per Fax oder Online übertragen werde. Zur Debatte um die Aufbewahrung von Fingerabdrücken sagte er, dies solle nicht in einer bundesweiten Datei geschehen. Auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) plane eine solche bundesweite Datei nicht. Schäuble hatte sich allerdings vergangene Woche in einem Interview dafür ausgesprochen, die Fingerabdrücke bei den jeweiligen Passämtern zu speichern.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Dieter Wiefelspütz, lehnte eine Speicherung von Fingerabdrücken aus den neuen elektronischen Pässen dagegen strikt ab. "Das ist verfassungswidrig", sagte der Innenexperte der "Netzeitung". "Ein Fingerabdruck darf nicht in einer Vorratsdatei hinterlegt werden." Es gebe zudem "keinen vernünftigen Grund", diese Abdrücke aufzubewahren. Wiefelspütz verwies darauf, dass Fingerabdrücke nur dann genommen werden dürften, wenn ein konkreter Tatverdacht bestehe. (tso/AFP)

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