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Integration: „Ausländer? In Stuttgart gibt es nur Stuttgarter“

Stuttgarts Oberbürgermeister Schuster erklärt, warum er auf Menschen setzt statt auf „Fordern und Fördern“.

Mehrere türkische Vereinigungen kommen nicht zum Gipfel, weil sie die Zuwanderungsnovelle für ein Anti-Türken-Gesetz halten. Haben Sie dafür Verständnis?

Man kann sicher darüber debattieren, ob da unterschiedliches Recht geschaffen wird. Ich finde aber, dass die Verbände den türkischen Mitbürgern keinen Gefallen tun, wenn sie diese Chance vergeben. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik begegnen sich Migranten und Vertreter von Bund, Länder und Gemeinden an einem runden Tisch und auf Augenhöhe. Das ist ein politischer Impuls von hoher Bedeutung. Ich fürchte auch, dass dieses Nein Vorurteile weiter festigt. Es ist ja nicht so, dass es in Deutschland nur Freunde der Türkei gibt.

Es gab oft den Einwand: Was soll das alles, in den Städten, and der Basis funktioniert Integration längst.

Das stimmt, trotzdem ist der Gipfel wichtig, weil er ein klares Bekenntnis zu Deutschland als Einwanderungsland ist. Das wurde auf Bundesebene lange schlicht negiert, wo man zwischen Reserviertheit, Restriktion und Multikulti lange keine Linie fand. Die Realität zu erkennen ist ja immer der erste Schritt zu guter Politik. Das schafft der „Nationale Integrationsplan“ und das ist ein großer politischer Fortschritt.

In Berlin und Köln gibt es Krach um Moscheen – ist Stuttgart die Insel der Seligen?

Die Einstellung ist entscheidend. Ich habe als erster deutscher Bürgermeister den kommunalen Ausländerbeauftragten abgeschafft, weil ich der Meinung bin: In Stuttgart leben nur Stuttgarter, egal mit welchem Pass. Dafür war ein großer Mentalitätswechsel auch bei den Mitarbeitern nötig, die Migranten in erster Linie als Objekte von Fürsorge sahen. Ich fand es wichtiger, das Potenzial der Migranten zu heben – dass es wie bei allen Menschen auch Defizite gibt, ist selbstverständlich. Wer aber immer auf der Schiene Separation, Fordern und Fördern fährt, der fördert Segregation, soziale Ausgrenzung. Ich habe mir auch in mein Büro ein Team geholt, das die Vielfalt der Stadt spiegelt.

Und die Moscheen?

Wir haben etwa 30 kleinere Moscheen, aber keinen markanten Bau. Das liegt allerdings nicht an der Stadt Stuttgart, sondern daran, dass die muslimischen Gemeinden bei uns für sich keinen Bedarf sehen. Natürlich ist eine Moschee auch ein Kulturbau und ich bedaure es immer, wenn die Muslime ihren Glauben im Hinterhof leben. Das gibt ihnen das Gefühl, auch sonst am Rande der Gesellschaft zu stehen. Wir werden in Deutschland zusehends eine Gesellschaft mit vielen Religionen. Da ist es wichtig, dass sich keine am Rand des städtischen Lebens sieht.

Das Gespräch führte Andrea Dernbach.

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