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Integration: Streit in Frankreich um das Ausländergesetz

"Wenn Solidarität ein Delikt ist, verlange ich, wegen dieses Delikts bestraft zu werden." Unter diesem Motto demonstrierten am Mittwoch tausende Franzosen im ganzen Land vor Polizeipräfekturen und Gerichtsgebäuden.

Paris - Die Demonstranten folgten einem Appell der Hilfsorganisation Emmaus und zwanzig weiterer privater Bürgergruppen, die sich dazu bekennen, illegal in Frankreich lebenden Migranten und ihren Familien geholfen und damit gegen das Ausländergesetz verstoßen zu haben. Mit der Selbstanzeige wollen sie erreichen, dass ein Paragraf dieses Gesetzes abgeschafft wird, nach dem jeder Person fünf Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von 30 000 Euro drohen, „welche, direkt oder indirekt, einem Ausländer ohne reguläre Aufenthaltsgenehmigung die Einreise nach Frankreich oder den Aufenthalt auf dem nationalen Territorium erleichtert“. Nach einem Brief, den Premierminister Francois Fillon im Auftrag von Präsident Nicolas Sarkozy an Einwanderungsminister Eric Besson richtete, steht dieser vor der Aufgabe, gegen mutmaßliche Helfer „illegaler“ Ausländer künftig strenger vorzugehen und die Zahl der Ausweisungen von 25 000 im Jahr 2008 auf 27 000 im laufenden Jahr zu steigern.

Seit Sarkozy 2006, damals noch als Innenminister, ein schärferes Vorgehen gegen so genannte „papierlose Ausländer“ ankündigte und auch deren Ausweisung in großer Zahl durchsetzte, ist die Frage privater Hilfe ein ständiges Thema innenpolitischen Streits. Angehörige der Organisation Erziehung ohne Grenzen verstecken zum Beispiel ausländische Schulkinder und bewahren damit deren Eltern vor der Abschiebung, da diese nicht von ihren Kindern getrennt werden dürfen. Sie machen sich damit jedoch genauso strafbar wie jene Frau in Calais, die vorübergehend festgenommen wurde, weil sie die Mobiltelefone von Migranten auflud. Die Polemik wurde kürzlich durch den populären Spielfilm „Welcome“ über das Schicksal von in Calais umherirrenden Ausländern angeheizt, in dem der Regisseur Philippe Lioret die Schwierigkeiten schildert, die ein Bademeister wegen seiner Unterstützung für einen kurdischen Migranten mit der Polizei bekommt.

In einem Rundfunkinterview bestritt der von den Sozialisten zur Regierungspartei UMP übergetretene Einwanderungsminister Besson, dass es ein „Delikt der Solidarität“ gibt. Bisher sei niemand bestraft worden, der einer Person ohne Aufenthaltsgenehmigung ein Dach überm Kopf anbiete oder ihr zu essen gebe. Vom Gesetz verfolgt würden jedoch Schlepper. Die Opposition wirft dem Minister aber Lüge vor. Mit einer Gesetzesinitiative unterstützen die oppositionellen Sozialisten die Forderung der Hilfsorganisationen, durch Abschaffung des umstrittenen Paragrafen rechtliche Klarheit zu schaffen. 

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