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Integrationsbericht: Messlatte gerissen

15 Millionen Bürger mit Migrationshintergrund gibt es in Deutschland. Die Bundesregierung hat einen Integrationsbericht erstellt, um zu sehen, wo sie stehen. Wissenschaftler bemängeln nun, dass die Hälfte der Indikatoren untauglich sei.

Körpergewicht, Behinderungen oder das Rauchen von Zigaretten haben „keinen Zusammenhang mit Integration“ – so lautet eines der Ergebnisse im „Integrationsindikatorenbericht“, den Maria Böhmer (CDU), Staatsministerin für Integration, am Mittwoch vorgestellt hat. Mit der mehr als 200 Seiten umfassenden Studie will sie aufzeigen, wo die 15 Millionen Bürger mit Migrationshintergrund in Deutschland stehen. Richtig deutlich wird das jedoch nicht.

Für den ersten Bericht der Bundesregierung zur „Integration in Deutschland“ wurden nicht weniger als 100 Indikatoren zu 14 Themenfeldern wie Bildung, Erwerbstätigkeit oder Rechtsstatus ausgewertet und dabei erprobt. Die Kriterien lauteten „geschlechtspezifische Aufgabenverteilung im Haushalt“ oder „Qualität des Mundgesundheitsverhaltens von Kindern mit Migrationshintergrund“. Das seltsam anmutende Indikatorenset ist ein Sammelsurium von Anhaltspunkten, das Regierungsbeamte vor rund einem Jahr zusammentrugen. Es sollte Integration messbar machen, eines der Ziele des Nationalen Integrationsplans. Ergebnis: Rund die Hälfte der Indikatoren sind laut Wissenschaftlern untauglich.

Obwohl der Bericht keine grundsätzlichen Aussagen zum Stand der Integration macht, ist er aufschlussreich. Er bietet detaillierte Auskunft über viele Einzelaspekte: So sank etwa die Zahl der ausländischen Schulabbrecher bundesweit von 17,5 Prozent im Jahr 2005 auf 16,0 Prozent im Jahr 2007. Betrachtet man nur die in Deutschland geborenen Kinder aus Zuwandererfamilien, lag der Anteil mit 2,2 Prozent sogar unter dem Niveau der Gesamtbevölkerung. Insgesamt geht aus dem Papier hervor, dass Zuwanderer bei Bildung, Erwerb und Einkommen nach wie vor deutlich schlechter dastehen, als der Durchschnitt der Bevölkerung. Doch es zeigt auch: Die Nachkommen der Einwanderer stehen in allen Bereichen besser da, als ihre Elterngeneration. „Wir kämpfen in der Integrationspolitik mit früheren Versäumnissen“, sagte Böhmer resümierend, in vielen Feldern müssten die Anstrengungen zur Integration noch intensiviert werden.

Böhmer und die Wissenschaftler erklärten, die Datenlage in deutschen Behörden erschwere Untersuchungen zu Einwanderern. „Wir haben aus vielen Bundesländern keine Statistik darüber, wie viele deutsche Kinder mit Migrationshintergrund die Schule abbrechen oder Abitur machen.“ Die Daten unterscheiden oft nur nach Staatsangehörigkeiten. Das müsse sich ändern.

Am 26. Juni werden voraussichtlich auch die Integrationsminister der Bundesländer bei einer Konferenz ein einheitliches Indikatorenmodell verabschieden. „Wir wollen uns dabei lediglich auf dreißig Indikatoren beschränken“, sagt Armin Laschet (CDU), Integrationsminister in Nordrhein-Westfalen, der an dem Konzept mitgearbeitet hat. Es sei wichtig, sich bei der Messung von Integration auf Kernbereiche zu konzentrieren. „Überflüssige Fragen sind irreführend.“

Ferda Ataman

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