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© dpa

Interview: Experten-Urteil: „Es gab keinen Sieger“

Der Politikwissenschaftler Jürgen W. Falter analysiert im Tagesspiegel-Interview das Fernsehduell zwischen Kanzlerin und Kandidat.

Herr Falter, Sie haben das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier verfolgt. Wer hat gewonnen?

Es gab keinen Sieger in diesem Duell, wir haben zwei Kandidaten auf Augenhöhe gesehen, die Erwartungen erfüllt haben. Sie waren sachlich, nicht konfliktorientiert, haben den anderen geschont, und man hat gemerkt: Beide schätzen sich.

Haben die beiden nicht schön miteinander harmoniert, dass wir uns eine Fortsetzung der großen Koalition wünschen sollten?

Ja, das ganze Gespräch war dann doch eher ein nettes Duett, weniger ein Duell. Und in diesem Sinne war es auch eine Werbung für die große Koalition. Als Zuschauer hat man unweigerlich gedacht, es wäre schade, auf einen von den beiden verzichten zu müssen. Aber natürlich haben beide mit ihrem Argument auch Recht, dass große Koalitionen eher die Ausnahme bleiben sollten. Es gibt dann eben keine starke Opposition, die Flügel werden gestärkt, es bekommt der Demokratie nicht so gut. Denken Sie nur an Österreich, wo die große Koalition Jörg Haider groß gemacht hat.

Welches Thema war das spannendste?

Naja, es gab kein wirklich spannendes Thema. Atomenergie hätte es beispielsweise sein können, die Mindestlöhne sind untergegangen, beim Gesundheitssystem hat niemand gepunktet. Ohnehin hat Steinmeier ausgerechnet dort nicht gepunktet, wo er hätte nach der Kompetenz punkten müssen: Atom, Gesundheit, Mindestlohn.

Hilft dieses TV-Duell dem Wähler denn nun bei seiner Wahlentscheidung?

Ich glaube, es hilft den Unentschiedenen nicht wirklich. Und die Meinungsführer und professionellen Beobachter aus beiden Lagern werden natürlich den Sieg für sich reklamieren. Allerdings muss man sagen, dass Steinmeier meiner Ansicht nach nicht wirklich vorangekommen ist. Er hätte deutlich besser abschneiden müssen, um eine neue Dynamik auszulösen und weiter aufzuholen.

Ist es jetzt gelaufen für Merkel?

Nein. Vor allem nicht für Schwarz-Gelb. Dafür kann noch viel zu viel passieren.

Was kann Steinmeier jetzt tun?

Er kann weiter versuchen, auf die Angstkarte Schwarz-Gelb zu setzen.

In den ersten Umfragen nach der Sendung hat Steinmeier sehr gut abgeschnitten. Wie erklären Sie sich das?

Die Bürger beurteilen andere Dinge als der professionelle Beobachter. Aber anscheinend wurde Merkel mehr Kompetenz zugeschrieben, und der Bürger wird sich am Ende doch lieber von dem aus seiner Sicht Kompetenteren regieren lassen.

Wie waren die Moderatoren?

Ich fand die Moderatoren nicht besonders gut. Gegen Merkel konnten sie sich nicht durchsetzen, Steinmeier hat sich ins Wort fallen lassen. Und die Moderatoren haben nicht nachgefragt, wenn es angebracht gewesen wäre. Das liegt wohl am Format.

Jürgen W. Falter lehrt Politikwissenschaft an der Universität Mainz.

Die Fragen stellte Armin Lehmann.

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