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In der Nähe eines von UN-Beobachtern bewohnten Hotels in Damaskus ist am Mittwoch eine Bombe explodiert. Mindestens drei Menschen wurden verletzt.

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Interview: "Gewalt mit Sanktionen stoppen"

Im Interview erklärt der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn, warum trotz des Scheiterns des Sondergesandten Kofi Annan ein Ende des Kriegs in Syrien ohne die Vereinten Nationen nicht möglich ist.

Herr Asselborn, steht der syrische Staatschef Baschar al Assad vor dem Fall?

So weit ist es noch nicht. Wenn das Regime in Damaskus unmittelbar vor dem Zusammenbruch stünde, dann gäbe es auch keine Vetomacht im UN-Sicherheitsrat mehr, die es unterstützen würde.

Sie glauben also, dass Russland und China bis auf Weiteres ihre schützende Hand über Assad halten werden?

Es gibt Anzeichen, dass sowohl in Russland als auch in China die Dinge in Bewegung geraten sind. In beiden Ländern werden Kontakte mit der syrischen Opposition geknüpft. Trotzdem gehe ich noch nicht davon aus, dass es zu einer Wende im UN-Sicherheitsrat kommt: Es ist immer noch nicht abzusehen, dass die fünf Veto-Mächte in der Syrien-Frage an einem Strang ziehen. Es wühlt mich innerlich auf, dass der Sicherheitsrat nicht seiner Aufgabe nachkommen kann, einen Konflikt zu regeln, bei dem zehntausende Menschenleben auf dem Spiel stehen.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.

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Hat der UN-Sicherheitsrat bei der Lösung des Syrien-Konflikts ausgedient?

Ich bin überzeugt davon, dass wir die Vereinten Nationen brauchen. Es gibt keine Alternative zu einer klaren Resolution des UN-Sicherheitsrats. Und eine solche Resolution müsste deutliche Sanktionen ermöglichen…

 …Das ist aber am Widerstand Russlands und Chinas gescheitert.

Natürlich ist es – auch für mich persönlich – eine große Enttäuschung, dass es nicht gelungen ist, mit der Hilfe der UN mehreren tausend Menschen in Syrien das Leben zu retten. Aber ich bleibe dabei: Niemand in Europa und außerhalb von Europa dürfte eine Lösung außerhalb des internationalen Rechts unterstützen.

Der Sechs-Punkte-Plan des zurückgetretenen UN-Sondergesandten Kofi Annan ist gescheitert. Als neuer UN-Vermittler ist Algeriens Ex-Außenminister Lakhdar Brahimi im Gespräch. Wie sollte sein Mandat aussehen?

Ich hoffe, dass Brahimi – wenn er denn benannt wird – innerhalb eines robusteren Rahmens handeln kann. Eine UN-Resolution muss ein Ende der Gewalt zum Ziel haben. Wer diesen Punkt nicht einhält, muss durch Sanktionen gestoppt werden können. Kapitel VII der UN-Charta eröffnet schließlich die Möglichkeit, mit nichtmilitärischen Sanktionen ein Regime zu bestrafen, das sich nicht an internationales Recht hält. Eine solche Resolution würde Brahimi erheblich den Rücken stärken.

Der Krieg in Syrien wird immer mehr zu einer Auseinandersetzung zwischen Schiiten und Sunniten im Land, gleichzeitig stehen sich Regionalmächte wie der Iran und Saudi-Arabien gegenüber. Können die Vereinten Nationen diesen Konflikt lösen?

Damit wären die UN überfordert. Es geht um eine Machtfrage in der ganzen Region: Der Iran will Syrien nicht verlieren, Saudi-Arabien möchte Syrien gewinnen. Dieser Konflikt lässt sich nicht durch den Weltsicherheitsrat lösen. Man sollte das UN-Mandat als ein Mandat im Namen der Menschlichkeit begreifen: Erst muss das Morden in Syrien aufhören. Die Lösung der politischen Machtfrage muss anschließend in der arabischen Welt liegen, die sich fragen muss, wie sie mit dem Iran zurechtkommt.

Das Gespräch führte Albrecht Meier.

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