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Interview: „Wenn die Alten die Mehrheit haben …“

Otto Wulff (75) ist Vorsitzender der Senioren-Union der CDU, nach der Jungen Union (JU) die zweitgrößte Vereinigung innerhalb der Partei. Der Tagesspiegel sprach mit ihm über die kürzliche Rentenerhöhung.

Roman Herzog warnt vor einer „Rentnerdemokratie“, in der immer mehr Alte die Jungen „ausplündern“. Hat der Altbundespräsident nicht recht?

Ich hab’ mich – wie viele andere auch – an den Kopf gefasst und das nicht glauben wollen. Roman Herzog hat vor einigen Jahren das damalige Unwort des Jahres „Rentnerschwemme“ heftig kritisiert! Solche Provokationen schaden dem ernsthaften Dialog.

Aber die Alten werden bald wirklich die Mehrheit der Wähler stellen!

Vor Jahren wurde von mir darauf hingewiesen, dass eine kritische Situation entstehen kann. Wenn die Alten die Mehrheit bilden und nur noch Dinge beschließen, die nicht sie belasten, sondern die Minderheit der Jungen – dann gefährdet das die Demokratie. Deshalb dürfen die Älteren morgen nicht nur ihre Partikularinteressen vertreten, so wenig wie die Jungen heute. Generationengerechtigkeit erfordert Ausgleich. Grabenkrieg ist von Nachteil für beide Seiten.

Stecken wir nicht mittendrin? Der junge CDU-Abgeordnete Jens Spahn nennt die Sonder-Rentenerhöhung ein Wahlgeschenk – und wird aus der Senioren-Union mit Mandatsentzug bedroht!

Die Tonlage ist sehr gereizt. Deshalb enthalten sich weitsichtige Politiker jetzt jeder Schärfe. Wir brauchen ein Grundvertrauen zwischen den Generationen, dass keine die andere überfordert.

Aber genau das fürchten viele Junge – dass sie mehr für die Versorgung der Alten arbeiten müssen als für sich selbst.

Auch deshalb ist es so wichtig, dass wir endlich mit diesem überheblichen Wahnsinn aufhören, Menschen mit 55, 60 Jahren zu altem Eisen zu erklären. Warum soll man Leute in Frühpension schicken, wenn sie durch Weiterbildung länger in Arbeit bleiben können – und das obendrein wollen? Früher haben die Jungen von den Alten gelernt. Heute ist es auch umgekehrt. Diese neue gegenseitige Abhängigkeit muss man nutzen.

Verstehen Sie nicht trotzdem, wenn sich Junge heute schon Sorgen über Armut im Alter machen?

Versteh’ ich. Was ich dann aber nicht verstehe ist, wenn nur 25 Prozent der Menschen die Riester-Rente in Anspruch nehmen. Die Jungen tragen auch eine Verantwortung für ihr Alter und können nicht sagen, egal, später zahlt der Staat!

Was versprechen Sie sich vom neuen Generationen-Initiativkreis der CDU, der an diesem Mittwoch erstmals tagt?

Wir sollten einige Fragen intensiv diskutieren: Nach Zusatzrenten, nach flexiblen Betriebsrenten, nach Arbeit, die Ältere auch leisten können. Aber wir müssen auch klar machen, was es heißt, dass wir uns der Werteordnung unter dem „C“ verschrieben haben. Ich verstehe die Position der Jüngeren . Aber auch die Jüngeren müssen die Position der Alten verstehen. Sie werden ja auch mal alt. Wobei: Die Kooperation zwischen dem JU-Vorsitzenden Philipp Mißfelder und mir ist sehr gut.

Das Gespräch führte Robert Birnbaum.

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