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Iran: Mussawi startet neuen Vermittlungsversuch

Der iranische Oppositionsführer Mussawi hat dem Wächterrat einen neuen Kompromissvorschlag unterbreitet. Wie dieser aussieht, ist noch nicht bekannt. Die Protestwelle indes reißt nicht ab.

Im Streit über das Ergebnis der iranischen Präsidentenwahl hat der für unterlegen erklärte Kandidat Mir Hussein Mussawi einen neuen Vorschlag angekündigt. Dies teilte der Sprecher des iranischen Wächterrats am Montag mit. Details nannte er allerdings nicht. Mussawi habe sich bereits am Sonntag mit dem Sonderausschuss getroffen, der zusammen mit dem Wächterrat das Ergebnis der umstrittenen Wahl überprüft.

Die Nachrichtenagentur Mehr berichtete ebenfalls unter Berufung auf den Sprecher des Wächterrats, Abbasali Kadchodai, Mussawis Vorschlag liege bereits vor, und er beziehe sich auf die Methode zur teilweisen Nachzählung von Stimmen. "Unsere Regionalbüros sind bereit, auf der Grundlage von Mussawis Vorschlag die Stimmen nachzuzählen", sagte der Sprecher laut Mehr.

Mussawi hatte zunächst die angeordnete teilweise Nachzählung der Stimmen abgelehnt und die Annullierung der Wahl gefordert. Auch die Mitglieder des Sonderausschusses seien nicht unparteiisch, begründete er. Stattdessen fordert Mussawi weiter die Annullierung der Abstimmung vom 12. Juni sowie Neuwahlen.

Die teilweise Neuauszählung der Stimmen hat bereits begonnen. Sowohl in den Provinzen wie auch in 22 Wahlbezirken der Hauptstadt Teheran hätten Auszähler unter Aufsicht hochrangiger Offizieller mit der Arbeit begonnen, meldeten staatliche Medien. Der Wächterrat, die oberste gesetzgeberische Instanz der Islamischen Republik, wollte noch an diesem Montag sein endgültiges Urteil über die Wahl fällen. Vor wenigen Tagen hatte er sie als die sauberste seit der Revolution von 1979 bezeichnet.

Am Sonntag war es nach Tagen der Ruhe in der Hauptstadt Teheran einem Augenzeugenbericht zufolge wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Demnach gingen mit Schlagstöcken und Tränengas bewaffnete Polizisten und Angehörige der Basidschi-Milizen gegen Demonstranten vor. Einem Zeugen zufolge hatten sich mehr als 1000 reformorientierte Iraner vor der Koba-Moschee zu einer jährlichen Gedenkfeier versammelt. Die Sicherheitskräfte, die mit einem Großaufgebot angerückt waren, riegelten das Areal weiträumig ab. Daraufhin zogen die Demonstranten ab. Es waren die ersten Straßenproteste seit mehreren Tagen. Da politische Kundgebungen verboten sind, wagen sich kaum noch Oppositionelle auf die Straße.

Unterdessen ist ein Sonderausschuss gegründet worden, der über das Schicksal der festgenommenen Protestler entscheiden soll. So wolle man sicherstellen, dass es zu fairen Prozessen komme, sagte ein Justizsprecher am Montag der Nachrichtenagentur Isna. Mehrere Hundert Demonstranten, darunter Abgeordnete und Journalisten, waren Berichten zufolge bei den Massenprotesten gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadineschads festgenommen worden. Was genau den Protestlern vorgeworfen wird, ist noch nicht bekannt.

Indes verschärfte das iranische Regime gut drei Wochen nach der umstrittenen Präsidentenwahl sein Vorgehen gegen den Westen. Noch immer befinden sich vier einheimische Mitarbeiter der britischen Botschaft in Polizeigewahrsam, sie werden noch vernommen. Am Sonntag waren neun Botschaftsangehörige festgenommen geworden, am Montagvormittag dann fünf wieder freigelassen. Ihnen wird eine aktive Rolle bei den Unruhen nach der Präsidentenwahl vorgeworfen.

Nach Forderungen von US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel, die demokratischen Rechte der Iraner zu achten und die iranischen Nuklearpläne zu beenden, attackierte Ahmadineschad den Westen scharf. "Diesmal wird die iranische Nation entschieden und klar antworten, so dass ihr beschämt seid und bereut." Offenkundig mit Blick auf den Atomstreit fügte er hinzu: "Ohne jeden Zweifel wird die neue iranische Regierung dem Westen entschiedener und machtvoller begegnen."

Auch der geistliche Führer der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei, wies die Kritik westlicher Politiker am umstrittenen Ausgang der Präsidentenwahl zurück und bezeichnete sie als Einmischung in innere Angelegenheiten. "Mit ihren absurden Meinungsäußerungen über den Iran tun sie so, als ob alle ihre Probleme gelöst seien und nur der Iran noch Probleme habe", zitierte der staatliche Rundfunk den Ajatollah. Das iranische Volk und seine Vertreter müssten zusammenhalten, um die Einmischungsversuche des Westens und seiner böswilligen und grausamen Politiker abzuwehren. "Ich fordere beide Seiten auf, die Jugend nicht emotional aufzustacheln, die Menschen nicht gegeneinander aufzuhetzen, und die Einheit der Nation nicht weiter zu beschädigen."

ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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