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Iran: Regimekritiker Montazeri gestorben

Einer der bekanntesten iranischen Regimekritiker ist tot. Der Großajatollah Hussein Ali Montazeri starb am Samstag im Alter von 87 Jahren.

Der iranische Regimekritiker Hussein Ali Montazeri ist tot. Der Geistliche sei in der vergangenen Nacht im Alter von 87 Jahren verstorben, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Irna am Sonntag, ohne Montazeris offiziellen Titel Großajatollah zu erwähnen. Der Gelehrte war in der Theologen-Hochburg Qom im Süden des Landes zu Hause, in der sich zuletzt verstärkt Kritik an der erzkonservativen Regierung von Präsident Mahmud Ahmadineschad geregt hat.

Großajatollah Hussein Ali Montazeri war eine der wichtigsten religiösen Autoritäten der iranischen Schiiten, gleichzeitig aber auch einer der kritischsten Geister in der Islamischen Republik. Vor 20 Jahren war er politisch in Ungnade gefallen, doch bis zuletzt erhob er seine Stimme und ging den umstrittenen Präsidenten Mahmud Ahmadineschad hart an. Im Alter von 87 Jahren starb Montazeri nun in der heiligen Stad Qom.

Montazeri wurde 1922 in Nadschaf (Zentraliran) geboren. Als Kritiker des Schahs saß er bis zur Islamischen Revolution von 1979 mehrere Jahre im Gefängnis. Als Mitstreiter von Revolutionsführer Ajatollah Chomeini bestimmte dieser ihn zunächst zum Nachfolger. Aber Montazeri äußerte sich zunehmend kritisch über das islamische System und auch zu Chomeini. Der Revolutionsführer entband ihn im März 1989 von all seinen politischen Verpflichtungen. Und nach Khomeinis Tod im Juni desselben Jahres wurde anstelle Montazeris der damalige Präsident Ajatollah Ali Chamenei neuer religiöse Führer des Landes.

Trotz seiner politischen Entmachtung blieb Montazeri anerkannter Mardschae Taghlid (Quelle der Nachahmung), an den sich gläubige Moslems bei religiösen Fragen wenden. Auch seine Vorlesungen in den religiösen Hochschulen von Qom blieben bei den Studenten beliebt. Als Mohammed Chatami 1997 Präsident wurde und sich eine liberalere Atmosphäre in Iran breitmachte, meldete sich auch Montazeri politisch zurück. Im Einklang mit den politischen Reformern rief er Chamenei dazu auf, sich mehr religiösen als politischen Angelegenheiten zu widmen. Und er prangerte Machtkämpfe in der Führung an.

Das Establishment ließ ihn schließlich unter Hausarrest stellen. Während der ersten Präsidentschaft von Mahmud Ahmadineschad hörte man kaum noch etwas von dem Großajatollah. Nach Ahmadineschads umstrittener Wiederwahl in diesem Jahr erhob Montazeri jedoch erneut seine Stimme. Er warf Ahmadineschad vor, wie ein Diktator zu herrschen und mit seiner kompromisslosen Haltung gegenüber dem Westen das Land zu isolieren – mit besorgniserregenden Folgen für die Bevölkerung.

Montazeri starb in seinem Privathaus in Qom, wo er zusammen mit Chomeini vor mehr als 60 Jahren den Kampf gegen das Schah-Regime begonnen hatte. Mit ihm starb auch der letzte bedeutende Kritiker des islamischen Systems im Klerus. Wie manche andere reform-orientierten Kleriker hatte er sich die Entwicklungen in dem auch von ihm geprägten Gottesstaat anders vorgestellt.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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