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Gordian Meyer-Plath ist Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes.

© Matthias Hiekel/dpa

Islam-Hassers Geert Wilders bei Pegida-Demo: „Störungen durch gewaltorientierte Autonome sind nicht auszuschließen“

Der oberste Verfassungsschützer von Sachsen, Gordian Meyer-Plath, sieht eine zunehmende Distanz zwischen der NPD und Pegida.

Herr Meyer-Plath, wie viele rechtsextreme Islamfeinde sind an diesem Montag in Dresden zu erwarten?

Geert Wilders vertritt eine dezidiert pro-israelische Haltung. Außerdem grenzt er sich immer wieder von Rechtsextremisten wie beispielsweise dem Vertreter der NPD im Europaparlament, Udo Voigt, ab. Aus diesem Grunde ist innerhalb der rechtsextremistischen Szene von einer begrenzten Mobilisierungswirkung durch Wilders auszugehen. Seitens des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen ist außerdem beobachtet worden, dass seit Februar die offene Mobilisierung zur Teilnahme an Pegida-Veranstaltungen vor allem im parteigebundenen rechtsextremistischen Spektrum abgenommen hat. Erkenntnisse über eine bundesweite Mobilisierung liegen derzeit nicht vor. Somit ist davon auszugehen, dass rechtsextremistische Einzelpersonen an der Veranstaltung teilnehmen.

Mobilisieren die NPD und Neonazis für die Demonstration von Pegida?

Dem LfV Sachsen sind hauptsächlich einzelne Aufrufe von der Partei Die Rechte bekannt. Eine flächendeckende, systematische Mobilisierung war bisher nicht festzustellen.

Sachsen war lange Hochburg der NPD. Wie steht sie zu Pegida, Legida in Leipzig und den weiteren islamfeindlichen Bewegungen in Sachsen?

Für die NPD war die bei Pegida, Legida und anderen gefühlte Möglichkeit, mit ihren Ansichten große Bevölkerungsteile zu erreichen, eine wichtige Erfahrung nach der Landtagswahlniederlage im August 2014. Anhänger der NPD haben sich deshalb nach anfänglicher Zurückhaltung ab Ende November 2014 zahlreich an den Veranstaltungen von Legida und Pegida beteiligt. Zwischenzeitlich ist bei der Partei wieder eine Refokussierung auf die eigenen Aktivitäten eingetreten. Weil sachsenweit die Versuche der NPD, sächsische Gida-Bewegungen zu vereinnahmen, als gescheitert gelten können.

Warum hat das nicht geklappt?

Die NPD war zu schwach, um Einfluss zu gewinnen. Die Partei wird daher wieder verstärkt versuchen, lokale asylkritische Veranstaltungen durchzuführen. Daneben werden die Anhänger der NPD wie auch schon vorher versuchen, Einfluss auf bürgerliche Initiativen mit asylkritischem Hintergrund zu nehmen. Ziel der NPD ist es, dieses Thema in ihrem Sinne zu besetzen und daraus politisches Kapital zu schlagen. Momentan ist es für die NPD jedoch schwierig, auf diesem Themenfeld eine dominante Rolle zu entfalten. Die Partei hat Konkurrenz bekommen: zum einen durch die bürgerlichen Initiativen mit asylkritischem Hintergrund, wie der Pegida-Bewegung, und zum andern durch die Aktivitäten der ebenfalls rechtsextremistischen Parteien Die Rechte und Der Dritte Weg.

Welche Rolle spielen rechte Hooligans bei Pegida und den anderen islamfeindlichen Bewegungen in Sachsen?

Das LfV Sachsen verfügt über keine Rechtsgrundlage für die Beobachtung von Hooligans. Im Rahmen der Zuständigkeit werden jedoch die Aktivitäten von Rechtsextremisten mit Bezug zum Fußball beobachtet. Hierbei wurde festgestellt, dass auch rechtsextremistische Fußballanhänger an den Veranstaltungen von Pegida und Legida teilnahmen.

Haben die islamfeindlichen Demonstrationen rechte und rassistische Gewalt in Sachsen stimuliert? Wo gibt es vergleichbare Situationen wie in Tröglitz?

Orte oder Zusammenhänge innerhalb des Freistaates, die hinsichtlich der Aktivitäten von Rechtsextremisten mit den Ereignissen in Tröglitz vergleichbar wären, sind dem LfV Sachsen bisher noch nicht bekannt geworden.

Wie stark ist die rechtsextreme Szene im Freistaat?

In Sachsen gibt es derzeit zirka 2500 Rechtsextremisten. Der NPD werden etwas mehr als 600, der Partei Die Rechte ungefähr ein Dutzend Mitglieder zugeordnet. Daneben gibt es noch über 900 Neonationalsozialisten und knapp 900 subkulturell geprägte Rechtsextremisten.

Das Bündnis „Dresden nazifrei“ ruft für Montag zu Blockaden auf – so wie früher vor den Aufmärschen von Rechtsextremen zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens. Ist nun auch ein Zustrom von Linksextremisten zu erwarten?

Die Lage bezüglich der zu erwartenden Proteste ist nur eingeschränkt vergleichbar mit den Aufmärschen von Rechtsextremisten zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens. Im Unterschied dazu rufen Linksextremisten für den Protest an diesem Montag bislang nur innerhalb ihrer lokalen Szene auf, und nicht bundesweit oder wenigstens in nennenswertem Umfang überregional. Somit wird mit einer deutlich geringeren Anzahl gewaltorientierter Linksextremisten zu rechnen sein als früher. Das zu erwartende linksextremistische Personenpotenzial dürfte höchstens im unteren dreistelligen Bereich liegen. Damit dürfte auch dessen Gewaltniveau niedriger ausgeprägt sein und das Geschehen eher von friedlichen Pegida-Gegnern bestimmt werden. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass es im Rahmen der zu erwartenden Blockadeversuche zu Störungen durch gewaltorientierte Autonome kommen wird. Oder dass diese sich im Umfeld der Pegida-Veranstaltung Auseinandersetzungen mit Rechtsextremisten liefern werden.

Das Interview führte Frank Jansen

Gordian Meyer-Plath (46) ist Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz in Sachsen. Zuvor war er beim Verfassungsschutz in Brandenburg für politischen Extremismus zuständig.

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