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Politik: Islamisten in Somalia auf dem Vormarsch

Bush will Rückzugsgebiet für Al Qaida verhindern US-Präsident sorgt sich um Sicherheit

In Somalia mehren sich die Anzeichen dafür, dass das Land ins Visier der USA geraten könnte. Nach dem Vormarsch islamischer Milizen hat sich US-Präsident George W. Bush am Mittwoch besorgt über die Sicherheitslage in dem nordostafrikanischen Staat geäußert. Somalia dürfe nicht zu einem Rückzugsgebiet für Anhänger der Extremistengruppe Al Qaida werden, sagte Bush.

Islamische Kämpfer übernahmen zu Wochenbeginn die Kontrolle über die Hauptstadt Mogadischu. In den Wochen zuvor waren in Gefechten mehr als 350 Menschen getötet worden. Sie kündigten an, einen Religionsstaat zu errichten. Ihr Führer Scharif Scheich Ahmed sagte in einem Brief an ausländische Diplomaten, dass seine Organisation den Terrorismus nicht unterstütze. Zudem wies er Vorwürfe zurück, die Islamisten gewährten Al-Qaida-Mitgliedern Unterschlupf. „Wir haben keinerlei Gemeinsamkeiten mit den Zielen oder Methoden von Gruppen, die Terrorismus unterstützen oder finanzieren“, heißt es.

Somalia hat seit 1991 keine funktionierende Regierung. In den letzten 15 Jahren wurde Mogadischu von verfeindeten Clanchefs kontrolliert. Das Unheil, das die Kriegsherren in Somalia angerichtet haben, ist schwer zu beziffern: Mehrere zehntausend Menschen sollen in den letzten 15 Jahren ums Leben gekommen sein. Die islamischen Kämpfer sind in der Bevölkerung nicht unbeliebt. In den von ihnen kontrollierten Gebieten herrschen inmitten des Chaos Ansätze eines Rechtssystems. Dort üben islamische Gerichtshöfe Recht nach Grundlagen der Scharia aus.

Nach Angaben Washingtons geht die größte Gefahr in Somalia von der radikalfundamentalistischen Organisation Al Itihaad al Islamija aus. Die USA verdächtigen die Gruppe, dem Terrornetzwerk Osama bin Ladens anzugehören. Al Itihaad al Islamija soll in die Ermordung von 18 amerikanischen Soldaten in Mogadischu im Jahr 1993 verstrickt gewesen sein. Zudem glaubt Washington, dass die Anschläge auf US-Einrichtungen in Kenia und Tansania im Jahr 1998 von Somalia aus vorbereitet worden ist.

Einige US-Terrorexperten haben Somalia wegen seiner Geografie und Sozialstruktur als ein „Mini-Afghanistan“ beschrieben. „Somalia ist ein schwarzes Loch und in den letzten Jahren von der Welt weitgehend vergessen worden“, sagt ein Entwicklungshelfer. „Es hat weder Verbindungen zu Interpol noch Auslieferungsverträge oder eine echte staatliche Autorität.“ Gleichwohl dürfte sich Washington vor einer Intervention hüten: Somalia ist eine von unterschiedlichen Clans regierte Gesellschaft, in der Milizen und Stammesälteste aus religiösen und geschäftlichen Interessen um Einfluss und Macht ringen. Die beiden armen Nordprovinzen Somaliland und Puntland haben sich abgespalten. Die meisten der rund zehn Millionen Somalier leben im Süden. Dort herrscht bislang weder Recht noch Ordnung.

Die Somalis hegen noch immer einen tiefen Groll auf die US-Soldaten, die im Verlauf einer 1993 gescheiterten Militärintervention Dutzende von Einheimischen töteten und dadurch lokale Warlords wie islamistische Gruppen auf den Plan riefen. Hinweise, dass die USA die Gegner der Islamisten mit Geld und Waffen unterstützen, haben den radikalen Muslimen geholfen. Am Wochenende waren rund 5000 Demonstranten durch Mogadischu gezogen und hatten antiamerikanische Parolen skandiert.

Die machtlose Übergangsregierung versucht in ihrem provisorischen Amtssitz in Baidoa, die Initiative zurückzugewinnen. Als Folge der Entwicklungen in Mogadischu entließ sie vier Minister, die als führende Warlords in die Regierung integriert worden waren. Begründet wurde der Rauswurf der Politiker damit, dass sie fortgesetzt gegen den vor mehr als einem Jahr verabschiedeten Friedensvertrag verstoßen hätten. Die Übergangsregierung will mit den neuen Machthabern in Mogadischu einen Dialog beginnen.

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