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Politik: Isoliert und bedroht

Nach ihrer Rückkehr erheben die freigelassenen britischen Soldaten schwere Vorwürfe gegen den Iran

Von Markus Hesselmann

Es war ein Moment der Freude und der Trauer zugleich. „Gerade als wir glücklich sind über die Rückkehr unserer Soldaten, erfüllt uns der Verlust unserer Soldaten in Basra mit Schmerz“, sagte der britische Premier Tony Blair in der Downing Street. „Das ist die Rückkehr zur nüchternen und grausamen Realität.“ Während seiner Ansprache landeten die 15 Freigelassenen aus dem Iran einige Kilometer entfernt auf dem Londoner Flughafen Heathrow. Kurz zuvor war die Nachricht vom Anschlag im Irak gekommen. Vier britische Armeeangehörige, zwei Männer und zwei Frauen, starben durch eine Bombenexplosion in Basra.

Sieben der fünfzehn freigelassenen Soldaten gaben am Karfreitag eine Pressekonferenz. Entgegen ihren „Geständnissen“, die sie im iranischen Fernsehen gemacht hatten, sagten die Soldaten, sie hätten iranisches Hoheitsgebiet nicht verletzt. Ihre Bewacher hätten sie psychologischem Druck ausgesetzt. Sie seien lange isoliert voneinander gewesen, zu Beginn hätten sie Augenbinden tragen und aufgereiht an einer Wand stehen müssen. Das Klicken von Gewehren sei zu hören gewesen. Der einzigen Frau sei dann gesagt worden, die männlichen Besatzungsmitglieder habe man nach Hause geschickt. In den ersten Tagen habe Faye Turney, die bei der Pressekonferenz nicht dabei war, in der Angst gelebt, allein im Iran zu sein. Allen habe man gedroht: Entweder sie geben die Grenzverletzung zu, oder sie kommen sieben Jahre ins Gefängnis. Ihre Auftritte im Fernsehen seien „Medienzirkus“ gewesen, ein „abgekartetes Spiel“. Umgekehrt wirft das nun das iranische Außenministerium London vor: „Solche Inszenierungen können nicht den Fehler des britischen Militärpersonals verdecken, das widerrechtlich auf iranisches Gebiet vorgedrungen ist“, hieß es in einer am Freitagabend in Teheran veröffentlichten Erklärung.

Vom Tod ihrer Kameraden in Basra hatten die Soldaten auf dem Rollfeld in Heathrow erfahren. Es sei zu früh zu behaupten, dass der Anschlag vom Iran aus unterstützt worden sei, sagte Blair. „Deshalb erhebe ich keine Anschuldigungen.“ Doch es gebe „Elemente im iranischen Regime, die Terrorismus im Irak unterstützen und finanzieren“.

Die Ankunft der Freigelassenen war unspektakulär. Sie zeigten sich auf dem Rollfeld kurz den Medien. Dann stiegen sie in Hubschrauber, die sie zu einem Stützpunkt nach Devon brachten. Nach fast zwei Wochen Gefangenschaft sahen sie dort ihre Familien. Es habe mit dem Iran keinen Deal gegeben, betonte Blair. Man werde jetzt „über die Beziehung zum Iran reflektieren“. Durch die Affäre hätten sich neue Gesprächskanäle eröffnet.

Bei aller Freude über die Rückkehr gab es auch Kritik. Amyas Godfrey vom Institut für Verteidigungs- und Sicherheitsstudien sagte, die Soldaten hätten mehr Widerstand zeigen können. „Wir sahen lauter Aufnahmen von ihnen, wie sie aßen und sich amüsierten“, sagte Godfrey der BBC. Als die Marinesoldaten Irans Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad beim Abschied dankten, hätten sie sich verhalten „wie höfliche englische Schuljungen“. Tagelang waren die Briten im Fernsehen vorgeführt worden und hatten dort ein „Geständnis“ nach dem anderen abgelegt. Teheran untermauerte damit die Behauptung, die Royal Marines hätten vom Irak aus iranisches Hoheitsgebiet verletzt. Wie es zu dem Grenzzwischenfall kam, wird jetzt in Großbritannien untersucht. Der Chef der Royal Navy, Admiral Jonathon Band, verteidigte seine Untergebenen: „Sie haben sich in einer schwierigen Situation sehr gut verhalten“, sagte Band der BBC. In den Streitkräften wird jetzt über ein besseres Verhaltenstraining bei einer Gefangennahme nachgedacht.

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