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Rabbi Obadia Josef ist zwar schon seit 1983 nicht mehr Oberrabbiner gewesen. Er wurde zum Rücktritt gezwungen. Doch bis an sein Lebensende bestand er auf dem Ehrenornat des Oberrabbiners.

© dpa

Israel: Der Gründer der ultrareligiösen Schas-Partei ist tot

Der Rabbiner Ovadia Josef prägte Israels Politik. Sein Temperament war gefürchtet, und sein Einfluss berüchtigt. Nun ist er hochbetagt gestorben.

„Das darf nicht sein. Er muss uns doch noch den Messias bringen“, klagte eine der Töchter des greisen Rabbi unmittelbar vor seinem Tod. Ovadia Josef galt nicht nur als „das größte (Thora-)Genie dieser Generation, vielmehr war er der Größte seit vielen Generationen“. In diesem Punkt sind sich wohl die meisten ultrareligiösen und orthodoxen Juden nicht nur in Israel, sondern weltweit, einig. Er galt als bester Thora-Kenner und vor allem seine für Religiöse verbindlichen Rabbinersprüche, mit der er die Heiligen Schriften auslegte, gelten als richtungsweisend.

Der aus dem Irak stammende Ovadia Josef wurde per Gesetz 1983 aus dem Amt als sefardischer Landes-Oberrabbiner gezwungen. Doch das geistliche Oberhaupt der Juden aus Nordafrika und den orientalischen Staaten, beharrte auf dem ihm eigentlich nicht mehr zustehenden Titel eines „HaRischon leZion“ (Der Erste in Zion), und trug bis zu seinem Lebensende dessen goldbestickten Kaftan. Alle ihm nachfolgender Oberrabbiner fügten sich seinen Sprüchen und Weisungen.

Unmittelbar nach seinem unfreiwilligen Rücktritt als Oberrabbiner 1983 gründete er Schas, die Partei der ultrareligiösen Sefarden aus dem Orient. Sie war das Gegenstück zu den Parteien der ultrareligiösen Aschkenasen europäischer Herkunft. Josef mischte die israelische Politik auf indem er den Schas-Abgeordneten bis zuletzt verbindliche Weisungen erteilte, Koalitionen bildete und Regierungen stürzte. Er bestimmte praktisch im Alleingang mehrfach den Staatspräsidenten. Und zuletzt erwirkte er, dass einer seiner Söhne zum Landes-Oberrabbiner gewählt wurde.

Berüchtigt war Ovadia Josef auch für seine Ohrfeigen für unterwürfige Politiker und Reporter. Kritische und gegnerische Politiker bedachte er mit wüsten Beschimpfungen: Der ehemalige linke Erziehungsminister Jossi Sarid sei „der Satan, der vernichtet werden muss“, Ex-Regierungschef und Verteidigungsminister Ehud Barak sei ein „Israel-Hasser“, der bei den jüngsten Wahlen erfolgreiche Zusammenschluss national-religöser und nationalistischer Gruppierung „HaBeit HaJehudi“ (Das Jüdische Haus) sei in Wirklichkeit das „Haus der Goyim“, also der Nichtjuden.

Genauso wie in etlichen seiner Rabbiner-Sprüche vertrat er allerdings auch in der Politik mehrfach ausgesprochen moderate Standpunkte. So trat er unter anderem für die umstrittene Räumung des Gazastreifens durch Armee und Siedler ein. Trotzdem und trotz seiner vernichtenden persönlichen Kritik an den Regierungschefs Ariel Scharon und Benjamin Netanjahu glitt seine Schas-Partei unter deren Vorsitzenden Eli Yischai immer weiter in die rechtsnationalistische Ecke. Als dessen Vorgänger Arie Deri, nach jahrelanger Haft wegen Diebstahl und einem darauf folgenden Politikverbot vergangenes Jahr wieder  einstieg, begann Yischais Abstieg, weil der Rabbi seinen Lieblingsschüler wieder zum Parteichef krönte.

Seit  Wochen toben in der  wieder in die Opposition verbannten Schas und in der geistlichen Führung der Sefarden rücksichtslose Diadochenkämpfe. Der Ausgang ist offen.

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